Ur- und Frühgeschichtliche Befestigungen

Ur- und Frühgeschichtliche Befestigungen, verteidigungsfähige Zufluchtsorte und Wohnstätten aus der neolithischen Periode bis in die frühslawische Zeit hinein. Man unterscheidet: 1) Wallanlagen (Verschanzungen) mit ein- oder mehrfachen Verwallungen (Doppelwälle, Doppelschanzen) aus Erde, Steinen oder beiden Materialien zugleich; zeigen zuweilen infolge starker Brandeinwirkung stellenweise Verschlackung (Brandwälle), oder der ganze Wall ist durch Verschlackung in eine zusammenhängende Masse verwandelt (Schlackenwälle, verglaste Wälle, verglaste Burgen, Glasburgen in Böhmen und Schottland).

Fig. 1. Halbkreiswall der mittelalterlichen Stadt Haithabu am Haddebyer Noor bei Schleswig. Nach Sophus Müller.

Man kennt: a) Rundwälle oder Ringwälle, in Ebenen, meist in Sümpfen und Mooren, zuweilen auf Pfahlrosten (Fig. 1, la u. 2).

Fig. 1a. Grundriss des Halbkreiswalles von Haithabu am Haddebyer Noor. Fig. 2. Grundriss des Rundwalles (mit Burganlage in der Mitte) von Pedersborg auf Seeland.

Die Ringwälle hegen oft den Gipfel eines isolierten Bergkegels ein (Steinringe, Hünenringe).

Fig. 3. Burgwall von Söborg in Nordfünen. Nach Sophus Müller.

Zuweilen sind Außenwerke, Vorburgen vorhanden. b) Burgwälle, Wallburgen, Wälle, die bogenförmig oder nahezu geradlinig quer über einen vorspringenden Bergrücken gelegt sind, bisweilen mit Außenwerken und Vorburgen; stehen, wenn sie an See- oder Flussufern liegen, auch wohl mit Pfahlbauten in Verbindung (Fig. 3 u. 4).

Fig. 4. Burgwall von Sjørring Volde bei Thisted (Jütland). Nach Sophus Müller.

Sie werden als Räuber-, Römer-, Hunnen-, Hünen-, Heiden-, Hussiten-, Schweden- und Moskowiterschanzen, Bauern-, Hünenburgen, Burgstall, Borchelt, Wallberg, Wall, Steinburg, Hünenburg, alte Burg, alter Wall, Hünenwall, alte Schanze, alte Warte, Wartberg, Wachtberg, Hutberg bezeichnet. Ob die Lauschhügel (Lugehügel, Wachthügel) hierher zu rechnen sind, ob sie Reste von Ansiedlungen, Opferstätten oder Grabhügel sind, bedarf jedesmal genauerer Feststellung. c) Langwälle (Landwehren, Pfahl, Pfahlgraben, Schweins-, Teufelsgraben) erstrecken sich einfach und doppelt meist geradlinig, oft in weiter Ausdehnung. Hierher gehört der limes romanus, der einst römisches Gebiet gegen die freigebliebenen germanischen Länder abschloss. Manche Langwälle sind mittelalterlichen Ursprungs. 2) Gehege, Gebücke, Baumschanzen. Lebende Hecken, vielfach mittelalterlichen, oft noch späteren Datums, durch Verflechtung der Zweige niedrig gehaltener Baumstämme hergestellt. 3) Gräben kommen am häufigsten mit Schanzen vor oder schneiden vorspringende Berge oder Landzungen von dahinterliegendem Terrain ab. Als selbständige Werke (Landgraben, Landwehrgraben) sind sie wohl meist mittelalterlichen Ursprungs.

Bibliographie

  • Behla: Die vorgeschichtlichen Rundwälle im östlichen Deutschland (Berl. 1888)
  • Cohausen: Ringwälle (Braunschw. 1861)
  • Cohausen, v.: Die Befestigungsweisen der Vorzeit und des Mittelalters (hrsg. von M. Jähns, Wiesbad. 1898)
  • Oppermann: Atlas vorgeschichtlicher Befestigungen in Niedersachsen (Hannov. 1888–90,3 Hefte; Heft 4–6 von Schuchhardt, 1894–98)
  • Peucker, v.: Das deutsche Kriegswesen der Urzeiten (Berl. 1860–64, 3 Bde.)
  • Vug: Schlesische Heidenschanzen (Grottkau 1890, 2 Bde.)
  • Zschiesche: Die vorgeschichtlichen Burgen und Wälle im Thüringer Zentralbecken (Halle 1889)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Glossar militärischer Begriffe