Burg
Burg (hierzu Tafel »Burgen I u. II«; v. griech. pýrgos, lat. burgus), ursprünglich jeder durch Wall und Graben befestigte Platz (Wallburg), insbes. ein aus dem Mittelalter herrührender abgesonderter und befestigter Wohnsitz eines Grundherrn. Diese Burgen waren entweder Wasserburgen oder Höhenburgen. Die Wasserburgen waren meistens regelmäßig viereckige Anlagen mit Ecktürmen und in Teichen oder von Wassergräben umgeben. Sie fanden sich vornehmlich in der norddeutschen Ebene. Die Höhenburgen wurden besonders auf vereinzelten Anhöhen, auf vorspringenden Bergnasen und an den Rändern steiler Flussufer angelegt. Die für eine größere Hofhaltung eingerichteten Burgen nennt man Hofburgen. Unter Burgstal verstand man im Mittelalter zunächst die Stelle einer Burg, dann auch letztere selbst oder die Ruine einer solchen. Auch Höhlen wurden zu Burgen ausgebaut (Höhlenburg) oder in Felsen mehr oder weniger umfassend Hohlräume ausgehauen (ausgehauene Burg). Nur sehr selten ist ein römischer Wehrbau (Kastell oder Wachtturm) später zu einer Burg umgebaut worden.
Burgen im Modell
- Burg Modlstein, 1:72 Schreiber-Bogen 771
- Burg Coreva, Schreiber-Bogen 72081
- Schloss Bran, 1:87 Faller 130820
- Kastelburg der Herren von Schwarzenberg, 1:87 Faller 4961
- Burg Falkenstein in Kärnten, 1:87 Kibri 39010
- Hofburg, 1:87 Schreiber-Bogen 72169
- Rotenfels, 1:87 Schreiber-Bogen 71521
- Burg aus dem Mittelalter, 1:87 Vollmer 49910
- Stadtburg, 1:87 WIAD-Modelle 1058
- Burg „Lauterstein“, 1:120 Vero 183 35 837 138
- Romantische Ritterburg, 1:120 Schreiber-Bogen 60216
- Ritterburg, 1:120 Schreiber-Bogen 70819
- Ritterburg Froggelstein, 1:120 Schreiber-Bogen 796
- Ritterburg Rudolfseck, 1:120 Schreiber-Bogen 637
- Sigmundseck, 1:120 Schreiber-Bogen 71211
- Hoheneck, 1:120 Schreiber-Bogen 71212
- Stolzeneck, 1:120 Schreiber-Bogen 71213
- Falkenstein, 1:120 Schreiber-Bogen 71223
- Greifenstein, 1:120 Schreiber-Bogen 71224
- Rabenstein, 1:120 Schreiber-Bogen 71225
- Dreienfels, 1:120 Schreiber-Bogen 71226
- Hornfeld, 1:120 Schreiber-Bogen 71379
- Rosenberg, 1:120 Schreiber-Bogen 71410
- Weißenberg, 1:120 Schreiber-Bogen 71412
- Steineck, 1:120 Schreiber-Bogen 72168
- Wasserburg Lichtenstein, 1:160 Faller 232242
- Burg Branzoll, Klausen in Südtirol, 1:160 Kibri 37304
- Pfalz im Rhein bei Kaub, 1:160 Schreiber-Bogen 670
- Wasserschloss Mespelbrunn, 1:160 Schreiber-Bogen 710
- Schloss Lichtenstein, 1:160 Schreiber-Bogen 794
- Burg Thun, 1:160 Schreiber-Bogen 72396
- Götzenburg, Möckmühl, 1:160 Schreiber-Bogen 612
- Hohenschwangau, 1:160 Schreiber-Bogen 685
- Burg Eltz, 1:160 Schreiber-Bogen 695
- Marksburg, 1:160 Schreiber-Bogen 753
- Burg Rheinstein, 1:160 Schreiber-Bogen 757
- Burg Cochem, 1:160 Schreiber-Bogen 800
- Konradsheim, 1:160 Schreiber-Bogen 71957
- Bärenfels, 1:200 Schreiber-Bogen 750
- Bärenfels, 1:200 Schreiber-Bogen 72211
- Meersburg am Bodensee, 1:200 Schreiber-Bogen 763
- Goldene Burg, 1:200 Schreiber-Bogen 722
- Burg Wildenstein, 1:220 Kibri 36402
- Burg Blankenstein, 1:250 Schreiber-Bogen 667
- Burg Kriebstein, 1:250 Schreiber-Bogen 778
- Burg Kreuzenstein, 1:250 Schreiber-Bogen 736
- Castel del Monte, 1:250 Schreiber-Bogen 691
- Ronneburg, 1:250 Schreiber-Bogen 72456
- Kyburg, 1:250 Pädagogischer Verlag Zürich 33441
- Plassenburg Kulmbach, 1:250 Museum Plassenburg
- Wartburg, 1:250 Schreiber-Bogen 638
- Hohenzollern, 1:250 Schreiber-Bogen 643
- Schloss Nymphenburg, München, 1:250 Schreiber-Bogen 569
- Neuschwanstein, 1:250 Schreibern-Bogen 593
- Rotenfeld, 1:250 Schreiber-Bogen 694
- Burg Kriebstein, 1:250 Schreiber-Bogen 778
- Burg Konradsweil, 1:250 Schreiber-Bogen 785
- Grafenegg, 1:250 Schreiber-Bogen 72429
- Schloss Neuhaus, 1:250 Schreiber-Bogen 72485
- Himeji, 1:250 Schreiber-Bogen 72951
- Schloss Sanssouci, Potsdam, 1:300 Schreiber-Bogen 560
- Festung Hohensalzburg, 1:400 Schreiber-Bogen 726
- El Escorial, 1:400 Schreiber-Bogen 72453
Der Bau gemauerter Burgen beginnt im deutschen Sprachgebiet erst gegen das zweite Jahrtausend n. Chr. In älterer Zeit wie auch noch später vielfach bestanden dieselben großenteils aus Holzbauten. Die von den Kreuzfahrern im Morgenland gemachten Erfahrungen kamen dann etwa um 1200 auch dem heimischen Burgenbau wesentlich zu statten. Die allgemeine Einführung wirksamer Pulverwaffen gaben gegen den Ausgang des 15. Jahrhunderts vielfach zu entsprechenden Umbauten Anlass. Nur wenige aber haben als inzwischen zu förmlichen Festungen ausgebaute Wehrbauten den Dreißigjährigen Krieg überdauert.
Eine vollständigere Burg hatte wohl hinter einem Graben eine äußere Ringmauer (Zingeln, vom lat. cingere, »umgürten«). Über den Graben führte eine Zugbrücke zum Burgtor, das außerdem durch ein Fallgitter verschlossen wurde. Neben dem Tor befand sich eine engere, nur für Fußgänger bestimmte Pforte. Außen war über demselben wohl eine erkerförmige Pechnase mit offenem Boden angebracht, und über dieser war die Mauer mit Zinnen versehen, hinter denen sich oft ein bedeckter, nach dem Inneren der Burg zu offener Gang (die Wer oder Letze) hinzog, von wo aus man schießen oder mit Steinen werfen konnte. Durch das Tor gelangte man in einen Zwinger, der, häufig kaum wegbreit, auf der einen Seite von der Burgmauer, auf der anderen oft von Gebäuden gebildet ward. Von diesem Zwinger, der häufig nicht um die ganze Burg herumlief, gelangte man durch ein zweites Tor in die Vorburg, die Stallungen und sonstige Nebengebäude enthielt. Ein drittes Tor führte dann in den inneren Burghof (ballium, bayle). Von den letzteren umgebenden Gebäuden war der Palas (palatium) als das herrschaftliche Wohnhaus das bedeutendste. Das gewölbte Parterre enthielt Vorratskammern, Keller u. dgl., im oberen Stockwerk war in der Regel ein Saal, zu dem bei romanischen Hofburgen eine Freitreppe (die Grede) aus dem Hof emporführte. Das starke Mauerwerk war durch Fenster mit tiefen Nischen, die besonders in der gotischen Zeit Sitze enthielten, durchbrochen.
Die Decke war in der Regel durch querübergelegte Balken, bisweilen durch ein Gewölbe gebildet. Der Fußboden war mit Estrich, gebrannten oder behauenen Steinplatten belegt, über die man Teppiche oder Binsen breitete. Bei reicherer Ausschmückung waren auch die Wände mit Teppichen oder Tapeten (Stuollachen) beschlagen. Neben dem Palas, auch Mushaus genannt, wurde um die Mitte des 14. Jahrhunderts die Anlage einer Dirnitz (Dornze), eines durch Öfen heizbaren Gebäudes, bei Hofburgen beliebt. Auch Kemenate (von caminata) bedeutet einen heizbaren Raum und so auch auf Burgen ein Wohngemach. Bei alten Hofburgen bezeichnete man so auch ein besonderes Wohnhaus der Frauenzimmer, doch hatten auch ganze Burgen danach ihren Namen, Kemnath, Kempe etc.
Weitaus die meisten Burgen hatten einen starken Hauptturm, Berchfrit (Bergfried, franz. donjon). Meist rund oder viereckig, aber auch drei- bis achteckig, hatte er meistens zu ebener Erde keinen Eingang. Der finstere Raum unter dem letzteren enthielt das Burgverlies, in das Gefangene von oben herabgelassen wurden. Die oberen Stockwerke waren mitunter bewohnbar eingerichtet. Als Palas und Berchfrit zugleich diente mitunter der Wohnturm, ein erweiterter Berchfrit oder turmartiges Wohngebäude (s. Donjon). Besonders in Südwestdeutschland findet sich nicht selten auf der Angriffseite ein besonderer Deckungsbau, die Schildmauer, eine hohe Mauer von solcher Stärke, dass in derselben Räume für die Verteidiger ausgespart werden konnten. Die Küche war entweder im Palas untergebracht, oder in größeren Burgen auch wohl ein abgesonderter Bau, der sich nach oben allmählich als Rauchfang zuspitzte. Außerdem umgaben den Burghof noch Vorrats-, untergeordnete Wohn- und sonstige Nebengebäude. Die in einigermaßen größeren Burgen nicht fehlende Kapelle war an den verschiedensten Orten angebracht und wechselte ihrer Größe nach von einer bloßen Altarnische in einem Wohnraum bis zum selbständigen Gebäude, das auch mitunter zweistöckig war (Doppelkapelle).
Die auf Felsen liegenden Höhenburgen haben oft Ziehbrunnen von ungemeiner Tiefe. Sonst begnügte man sich auch mit einer Zisterne für das Regenwasser. Die Ringmauer war meistens mit Zinnen bekrönt, hinter denen auf einem Mauerabsatz ein Wehrgang hinlief. Dieser konnte auch durch eine Holzkonstruktion (Hurde) erweitert und überdacht sein. Schießscharten waren in den Zinnenmäuerchen (Wimpergen), auch tiefer in der Mauer selbst ausgespart. Letztere war, abgesehen von den in dieselbe eingerückten Gebäuden, auch von nach außen vorspringenden Türmen unterbrochen, die häufig gegen das Burginnere offen waren (Schalen). Besonders im 15. Jahrhundert kamen starke Batterietürme, Rondeln oder eckige Bastionen hinzu. Zur Verteidigung besonders auch des Mauerfußes dienten außen vorgekragte Wehrgänge in Stein mit Gusslöchern im Fußboden (Maschikulis) oder in Holzkonstruktion. Besonders bei Höhenburgen wurde durch die Größe und die Umrissfigur des von Natur festen Bauplatzes sowie durch Höhenunterschiede innerhalb desselben eine unerschöpfliche Mannigfaltigkeit der Anlage veranlasst. Während die Deutschordensburg Marienburg mit ihren Außenwerken ca. 210.000 m² groß ist, bestanden die kleinsten Burgen (jetzt fälschlich Burgstall genannt) im wesentlichen nur aus einem wehrhaften Gebäude. Alle vorhin aufgeführten Burgteile können vervielfacht vorkommen (bis auf die Schildmauer) oder auch ganz fehlen.
Ein Beispiel einer großen romanischen Hofburg bietet die 1067 erbaute und seit 1847 (nicht überall stilgetreu) wiederhergestellte Wartburg. Der Palas hat hofwärts eine Freitreppe, die zu dem über dem nicht zu Wohnräumen benutzten Erdgeschoss liegenden Saal emporführt, und längs desselben eine Galerie. Nachträglich (1130) ist darüber ein zweiter, größerer Saal aufgebaut worden. In späterer Zeit ist auf die Ringmauer der Vorburg in Fachwerk der eigentümliche, überdachte Gang (Lauf) aufgesetzt worden. Greifenstein zeigt das Beispiel einer nach Einführung der Feuerwaffen (um die größere westliche Hälfte und die Außenmauer der östlichen) erweiterten Burg. Südöstlich neben dem gotischen Palas (Hauptgebäude) hat der 1800 zusammengestürzte Berchfrit gestanden. Wie unter Greifenstein das Städtchen Blankenburg liegt, so bildeten sich nicht selten am Fuß einer Burg kleine und größere Ansiedelungen (z. B. Nürnberg), und beide wurden dann auch durch Ringmauern miteinander verbunden.
Was die Besitzverhältnisse betrifft, so bedurfte es dazu, eine Burg als Eigentum oder Pfand innezuhaben, durchaus keiner besonderen persönlichen Qualifikation (etwa der eines »Ritters«). Auch Könige nahmen Burgen etwa von einer Abtei zu Lehen. Häufig gehörten solche einer mehr oder weniger großen Anzahl von Miteigentümern (Ganerben) entweder unter örtlicher Teilung oder nur ideell nach Bruchteilen. Von den ungefähr zehntausend innerhalb des deutschen Sprachgebietes vorhanden gewesenen Burgen ist der größere Teil völlig verschwunden. Etwa 400 sind noch mit größtenteils alten Bauten bewohnbar erhalten. Die im 19. Jahrhundert beliebt gewordenen »Wiederherstellungen« lassen durchweg, so auch besonders bei den Rheinburgen unterhalb Rüdesheim, eine hinlängliche Kenntnis des alten Burgbauwesens vermissen. Eine löbliche Ausnahme bildet die umfassende Restauration des Marienburger Schlosses.
Die beigegebenen Illustrationen zeigen im besonderen folgendes: Burg Karneid bei Bozen, eine wohlerhaltene Höhenburg aus gotischer Zeit mit einfachen, mannigfaltig gruppierten Baulichkeiten, fast ohne Ringmauer. Fig. 3 und 4 die Rheinpfalz bei Kaub, eine kleine, inmitten eines Stromes gelegene Wasserburg, fast nur aus Berchfrit und Umfassung bestehend. Die letztere hat innen mehrstöckige Wehrgänge, auf den Ecken vorgekragte Scharwachttürmchen (échauguettes). Die (nicht ganz genaue) Ansicht ist eine alte, um 1630. Fig. 5 den Berchfrit der Burg Blatten in der Schweiz, mit rekonstruiertem hölzernen Wehrgang, Fig. 6 den Durchschnitt eines solchen der Burg Gleiberg bei Gießen. Fig. 7 Schloss Chillon bei Veytaux, nahe Montreux, eine große Wasserburg im Genfer See. Die nach 1250 hinzugefügten flankierenden Türme haben oben Maschikulis. Tafel II, Fig. 1, eine malerische Ganerbenburg. Die turmförmigen Anteile der einzelnen Miteigentümer umgeben einen engen Hof. Fig. 2 und 3 die Wartburg, s. oben. Fig. 4 eine Burg, deren Wohngebäude durch eine dahinter aufsteigende hohe Schildmauer gedeckt ist. Fig. 5 einen Torturm mit Pechnase und Zugbrücken. Fig. 6 einen Teil einer Deutschordensburg.
Die außerdeutschen Burgen unterscheiden sich nicht wesentlich von den unsrigen. Nur zwei Ausnahmen sind da etwa zu bemerken. Siebenbürgen hat eine Anzahl von Burgen, die nicht als Wohnsitze einzelner, sondern als umfängliche feste Zufluchtsorte der Bevölkerung angelegt waren, und die siegreich in Frankreich, England und Unteritalien eindringenden Normannen haben da Burgen errichtet, für die ein fest und schön gebauter, umfänglicher, jedoch turmförmiger Kernbau charakteristisch ist. Ein Beispiel zeigt Tafel I, Fig. 2.
Bibliographie
- »Der Burgwart«, Zeitschrift für Burgenkunde (Berl., seit 1899)
- Caumont, de: Architecture civile et militaire (3. Aufl., Caen 1869)
- Clark: Mediaeval military architecture (Lond. 1884)
- Cohausen, v.: Die Befestigungsweisen der Vorzeit (Wiesb. 1898)
- Cori: Bau und Einrichtung der deutschen Burgen im Mittelalter (2. Aufl., Linz 1895)
- Ebhardt: Die deutschen Burgen in Wort und Bild (Berl. 1899ff.)
- Essenwein, v.: Die Kriegsbaukunst (Darmst. 1889)
- Piper: Burgenkunde (Münch. 1895)
- Piper: Abriß der Burgenkunde (Sammlung Göschen, Leipz. 1900)
- Piper: Die angebliche Wiederherstellung der Hohkönigsburg (Münch. 1902)
- Piper: Österreichische Burgen (Wien 1902ff.)
- Ringler: Deutsche Burgen und Schlösser, nach der Natur gezeichnet (Berl. 1902ff.)
- Steinbrecht: Die Ordensschlösser Preußens (Berl. 1888)
- Viollet-Le-Duc: Dictionnaire de l’architecture (1854–69, 10 Bde.)
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909