Tauwerk
Tauwerk, wird im Allgemeinen auf Schiffen in das stehende, dessen beide Enden fest sind, und in das laufende, welches durch Blöcke hin und her bewegt werden kann, eingeteilt; ersteres ist fester gedreht, als das letztere. Auch teilt man es in das untere Tauwerk, was zur Regierung der unteren Segel, und Befestigung der Masten dient, und das obere, welches sich über den Masten befindet, und nicht bis auf das Deck hinunter geht.
Bei den Schiffen, so wie bei den Brücken, ist das Tauwerk nicht nur unentbehrlich, sondern auch in Absicht seiner mannigfaltigen Anwendung ein Gegenstand von der äußersten Wichtigkeit. Die Schiffe brauchen Hethbänder, Spießleinen, Segelleinen, Schoten, Hissen usw. Bei den Brücken aber sind Schertaue, Ankertaue, Spanntaue, Rödel- und Schnürleinen, Bindestränge usw. nötig, die sich alle nach ihrer verschiedenen Bestimmung sowohl in ihrer Länge als Stärke unterscheiden, und teils geteert sind, teils roh oder ungeteert, gebraucht werden.
Alles Tau- und Seilwerk, das für den Pontonier brauchbar ist, ist entweder von Hanf oder von Werg; ersteres wird bloß aus reinem Hanf, letzteres aus Hanfwerg, oder aus Hanf und Werg zugleich gesponnen, und ist bloß zu den ungeteerten Strängen anwendbar. Die Seile bestehen aus bloßen Fäden, und sind nur einmal gedreht, oder aus Litzen, die jede aus einer gewissen Anzahl Fäden gedreht, und dann zusammen geseilt werden; oder aus Litzen und Absticklitzen, die sogleich drei Mal gedreht sind. Die erstere Art dient zum Zusammenbinden verschiedener Dinge, und wird, wenn sie beteert wird, Teerfäden genannt; sie kann wieder aus zwei Fäden, Schnüren, oder auch aus drei Fäden, Bindfaden bestehen. Der Teerfaden wird sowohl zum Umwickeln der Enden abgehauener Taue und Leinen, damit sie nicht aufdröseln, als auch zum Spleißen des entzwei gegangenen Tauwerks angewandt. Die feinen von besserem Hand gesponnenen dienen auch zum Nähen der Segel.
Sobald eine Schnur aus mehr als 6 Faden besteht, werden letztere erst in besondere Schnuren oder Litzen zusammengedreht, und hierauf aus ihnen die Leine, oder das Tau zusammen geseilt; Die Zahl der Litzen richtet sich nach der Stärke der Taue. Die allzu sehr gedrehten Taue sind nicht so dauerhaft, als die weniger gedrehten; für das Seewesen werden die Taue aus vorher geteerten Fäden verfertigt, und dann nochmals geteert, um dadurch das Eindringen des Wassers desto besser zu verhindern. Das Teeren der Taue mit hartem Pech, welches häufig von den Seilern aus Gewinnsucht geschieht, um dadurch mehr Gewicht zu erhalten, ist höchst schädlich; nicht allein dass die Taue dadurch sehr unbiegsam werden, und schwerer zu behandeln sind, sondern auch weil sie durch ihr nie ganz zu vernichtendes Drehen und Klinkenschlagen, das Umwenden und Ausspringen der Pontonanker verursachen. Ferner dringt das Pech auch nicht tief genug in die Litzen ein, und springt, weil es weniger zäh ist, auch leicht gänzlich vom Tau ab. Man muss sich daher des guten, flüssigen Teers bedienen, und erkennt, ob dies geschehen ist, an dem Gewicht des Seilwerks. Eine solche gut geteerte Leine, ½ Zoll stark, wiegt in der Länge einer Klafter 9½ Lot, 5⁄8 Zoll stark 111⁄5 Lot, 1½ Zoll stark 17 Lot. Von einem Tau 1 Zoll stark, wiegt die Klafter 1 Pfund 14 Lot, 1¾ Zoll stark, 5 Pfund, und 2 Zoll stark, 5 Pfund 10½ Lot. – Zu einem Ankertau von 35 Klaftern sind im Durchschnitt 90 bis 100 Pfund Teer nötig, dem gewöhnlich noch einige Kannen Leinöl beigemischt werden.
Die Stärke und Länge aller Taue und Leinen muss sich natürlich nach der Größe des Fahrzeugs richten, für das sie bestimmt sind.
1) Ankertaue der Elbschiffe sind gewöhnlich gegen 40 Klafter lang, und 1¼, 1½ bis 2¾ Zoll stark; sie bestehen aus drei Litzen, jede zu 80 bis 100 Fäden, also aus 240 bis 300 Fäden.
2) Die Hethbänder enthalten 120 Fäden in drei Litzen verteilt, und sind jedes Paar, das aber aus Einem fortlaufenden Tau besteht, 31 Klafter lang und 1½ Zoll stark.
3) Ein Landtau, um das Schiff am Land zu befestigen, wird 18 Klafter lang und 1¼ Zoll stark gemacht.
4) Maulbänder, Repperleinen und Segelleinen bestehen aus 40 Fäden in drei Litzen, erstere sind 18, die anderen 30, die dritten 45 Klafter lang, und ihre Stärke beträgt einen halben Zoll.
5) Die Schoten und Schweigen haben 120 Fäden in drei Litzen; jene sind 18 Klafter, diese 22 Klafter lang.
6) Die Zieh- und Furtleinen, richten sich in ihrer Stärke nach der Zahl der Leute, die das Schiff stromaufwärts ziehen sollen; man rechnet auf einen Mann 6 bis 8 Fäden, die Ziehleinen der kleinen Fahrzeuge ausgenommen, welchen von einem Mann gezogen werden, und welche dennoch 12 bis 15 Fäden enthalten. Bei den größeren Schiffen haben jenem Verhältnis zufolge die Ziehleinen gewöhnlich 36 bis 40 Fäden, die Furtleinen aber 80 bis 100 Fäden, in drei Litzen, und beide 200 Klafter Länge.
7) Die Hissleinen, richten sich in ihrer Stärke nach der Last, zu deren Einschiffung sie angewendet werden; ein 1¾ Zoll starkes Tau kann füglich 14 bis 16 Zentner schwebend erhalten; ihre Länge beträgt etwa 60 Klafter.
8) Die Meerleine, womit das Segel an seinem Rande eingefasst wird, ist eine ½ bis ¾ Zoll starke geteerte Leine, deren Länge halb so viel Klafter beträgt, als der Mast Fuß lang ist, wenn nämlich die Klafter zu 6 Fuß gerechnet wird.
Das Tauwerk der Pontonbrücken ist der Leichtigkeit wegen weniger stark, ohne dass man deswegen Gefahr besorgen dürfte, teils weil hier immer die Kräfte der Taue wirken, und die Summe der Last unter sie verteilt wird; teils auch weil bei der genaueren Aufsicht jedes nur einigermaßen schadhaft gewordene Stück sogleich durch ein neues ersetzt wird.
1) Die Ankertaue haben gewöhnlich hier nur 1¼ Zoll Stärke und 35 Klafter Länge; sie bestehen aus drei Litzen, jede zu 50 bis 60 Fäden; die Klafter davon wiegt geteert 4 Pfund. Die Länge der Ankertaue richtet sich indessen nach der Tiefe des Flusses; man wird daher auf dem Rhein und der Donau Ankertaue von 50 bis 70 Klafter haben müssen, wenn man nicht Gefahr laufen will, dass die Anker zu nahe an der Brücke liegen, und bei dem geringsten Steigen des Wassers aus dem Grunde weichen.
2) Die Schertaue betragen gewöhnlich 1½ bis 2 Zoll in der Dicke und bis 200 Klafter Länge, sind aber deswegen unbequem und zu verwerfen; zwei oder mehr durch Kunken zusammengestochene Ankertaue könnten füglich ihre Stelle vertreten.
3) Die Spanntaue, richten sich nach der Beschaffenheit der Pontons; für die hölzernen Pontons sind sie gewöhnlich sieben Klafter, für die blechernen aber nur 3 bis 4 Klafter lang, 1¼ Zoll stark, und nicht geteert, damit sie biegsam bleiben.
4) Die Bindeleinen bei den Franzosen, mit denen das Vorteil des Pontons an das Schertau befestigt wird, sind 8 Linien stark und 2 Klafter lang.
5) Die Rödelleinen der Österreicher sind 5⁄8 Zoll, die Schnür- oder Bindeleinen aber nur ½ Zoll stark, und beide 3 Klafter lang.
6) Die Seitenleinen unterscheiden sich von dem Schertau nur durch ihre Stärke von 6 bis 9 Linien, während ihre Länge von der Breite des Flusses abhängt, über welchen eine Brücke geschlagen werden soll.
7) Die Bindestränge von Hanfwerg, zum Anbinden der Anker auf dem Wagen, und zu verschiedenen anderen Behuf, sind 6 Linien stark und 2 bis 3 Klafter lang. Alle diese Leinen werden der Leichtigkeit und schleunigeren Arbeit wegen nicht geteert.
Hier ist noch das Anker- oder Giertau bei den fliegenden Brücken zu erwähnen, welches am besten aus drei Litzen, jede zu 99 Fäden besteht; da es wenigstens den ganzen Sommer hindurch im Wasser liegen bleibt, ist es durchaus notwendig, die Fäden vor dem Zusammendrehen zu teeren, wenn man nicht ganz und gar statt eines Taues, wie in neueren Zeiten, sich einer eisernen Kette bedient.
Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)
Tauwerk wird vom Reepschläger aus Hanf oder Manilahanf, mitunter aus Baumbast (Basttau) oder Chinesischem Gras (Grastau) hergestellt. Man spinnt den Hanf zunächst in Garne (Kabelgarne), die geteert und in der Anzahl von 2 bis 18 zu Leinen (Litzen, Duchten) oder zu 18 bis 50 zu einem Kardeel zusammengedreht werden. 3 bis 5 Kardeele geben eine Trosse, aus mehreren Trossen bildet man ein Kabel oder Kabeltau. Trossen und Kabel benennt man nach ihrem Umfang in Zentimetern (3 bis 50 cm) und nach ihrer Anfertigung: drei-, vier- oder fünfschäftig; rechts oder links geschlagen (gedreht; Kabelschlag). Laufendes Gut ist dreischäftig rechts geschlagen, stehendes vierschäftig links geschlagen, während Kardeele, aus denen letzteres besteht, ebenfalls rechts geschlagen sind. Bei Drahttauwerk treten Eisendrähte an Stelle der Garne (s. Drahtseile).
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909