Österreichischer Feldmarschall Ludwig Andreas Khevenhüller, Graf von Aichelberg auf Frankenburg

Österreichischer Feldmarschall Ludwig Andreas Khevenhüller, Graf von Aichelberg auf Frankenburg.

Ludwig Andreas Khevenhüller, Graf von Aichelberg auf Frankenburg, österreichischer Feldmarschall, geb. am 30. November 1683, gehört der älteren (oberösterreichischen) Linie des alten fränkischen Adelsgeschlechtes der Khevenhüller an. Für den Soldatenstand bestimmt, findet er in den Feldzügen des Spanischen Erbfolgekrieges Gelegenheit, sich unter Prinz Eugen von Savoyen militärisch zu bilden, und schon 1716 führt er als Oberst das Dragoner-Regiment von Savoyen mit hervorragendem Erfolg in der Schlacht bei Peterwardein (5. Aug.); gleich rühmlichen Anteil nimmt er im nächsten Jahr an der Schlacht und der Eroberung von Belgrad. Nach dem Krieg zum Generalwachtmeister befördert (1723), wird Khevenhüller zum Kommandanten von Essegg und drei Jahre später zum neuen Inhaber des erledigten Schönborn’schen Dragoner-Regiments ernannt.

Der Ausbruch des sogenannten »polnischen Thronfolgestreites« nach dem Tod Augusts II. von Polen, eröffnet Khevenhüller neuerdings die Bahn kriegerischer Tätigkeit; 1733 zum Feldmarschall-Lieutenant befördert, wird er 1734 bei der Armee des Feldmarschalls Mercy eingeteilt und übernimmt nach dessen Heldentod in der Schlacht bei Parma (29. Juni) interimistisch den Oberbefehl. Unter sehr schwierigen Verhältnissen hält sich hierauf Khevenhüller hinter der Secchia bis zur Ankunft des neuen Oberkommandanten Feldmarschall Grafen Königsegg, nahm rühmlichen Anteil an der Schlacht bei Guastalla (19. September) und führt nach dem Rückzug der kaiserlichen Armee an die Grenze Tirols abermals den Oberbefehl. Khevenhüller hindert nicht nur das weitere Vordringen des dreifach überlegenen Gegners, sondern nötigt später auch die Spanier die Blokade von Mantua aufzuheben. 1735 zum General der Kavallerie ernannt, bleibt Khevenhüller bis zum Abschluss des Wiener Präliminarvergleiches (3. Oktober 1735) bei der Armee in Italien, wo er vielfach auch diplomatische Verwendung findet.

Kurz vor Ausbruch des Krieges mit der Türkei (1737) erfolgt die Ernennung Khevenhüller’s zum Feldmarschall und Kommandanten von Slawonien. An dem Krieg selbst nimmt Khevenhüller als Kommandant eines Corps von 4000 Mann Teil, mit welchem er bei dem Rückzug der kaiserlichen Armee am Timok alle Angriffe des überlegenen Feindes abweist und endlich am 28. September 1737, von 16.000 Sipahis eingeschlossen, sich in dem blutigen Gefecht bei Radojevac den Weg zur Hauptarmee öffnet.

Die hervorragendste Epoche in Khevenhüller’s Wirken bilden die ersten Feldzüge des Österreichischen Erbfolgekrieges, in welchen er den Oberbefehl der gegen Bayern operierenden Armee führt. Mit drei Corps Donau-aufwärts marschierend, nimmt er 1742 Steyr und Enns und zwingt am 23. Januar den französischen General Ségur in Linz zur Kapitulation, worauf am folgenden Tag auch Passau kapituliert. Innerhalb 8 Tagen ist Oberösterreich frei von feindlichen Truppen. Khevenhüller dringt nun unaufhaltsam in Bayern vor. In rascher Folge ergeben sich Oberhaus, Burghausen und am 13. Februar auch München. Khevenhüller schlägt am 16. Februar den bayerischen General Törring bei Mainburg und nach wenig Wochen ist das ganze Land zwischen der Donau, Isar und Vils – der Kern von Niederbayern – in seinen Händen. In einem eigenhändigen Schreiben spricht die Kaiserin Maria Theresia Khevenhüller ihren Dank aus, nennt ihn ihren Retter und übersendet ihm als Zeichen besonderer Anerkennung ihr und ihres Sohnes Josef Bildnis.

Leider können Khevenhüller nicht auch die nötigen Truppen zur Verfügung gestellt werden, die ihn in den Stand setzen könnten, seine Eroberungen gegen die überlegenen Kräfte zu behaupten, welche der Marschall Moritz von Sachsen und der Feldmarschall Seckendorf im Spätsommer 1742 heranführen. – Dies, sowie der Vormarsch Marschall Maillebois gegen Böhmen, nötigen das Land bis auf Passau und Schärding zu räumen. Aber schon im nächsten Jahre dringen die kaiserlichen Truppen wieder vor und wenn gleich auch Khevenhüller den Oberbefehl an den Prinzen Karl von Lothringen abtreten muss, so bleibt er doch als Adlatus des Kommandierenden die eigentliche Seele der Operationen, welche mit dem Sieg bei Simbach (9. Mai 1743) und der Wiederbesetzung Bayerns enden. Im Juni des Jahres schließt Khevenhüller mit Seckendorf den Vertrag von Niederschönfeld ab, welcher Karl VII. die Reste seines Heeres rettet. Nach dem vergeblichen Versuch des Herzogs von Lothringen den Rhein zu überschreiten, wogegen Khevenhüller fruchtlos seine Stimme erhoben hat, sichert er den Rückzug der kaiserlichen Armee in die Winterquartiere im Breisgau und im Bayerischen. Khevenhüller kehrt hierauf nach Wien zurück, wo die Kaiserin seine Verdienste durch die Verleihung des Ordens vom goldenen Vließ ehrt. – Leider erliegt dieser um Staat und Heer so hoch verdiente Mann kurz nachher, am 26. Januar 1774, einem Blutsturz.

Khevenhüller war ein, nach jeder Richtung hin hochgebildeter General, dessen Wirken die kaiserliche Armee nach mehr als einer Richtung hin ebenso vortheilhaft als nachhaltig beeinflusste. Von seinen im Druck veröffentlichten Schriften bildeten „Des General-Feldmarschalls Grafen v. Khevenhüller Observationspunkte für sein Dragonerregiment“ (Wien 1734 und 1748), sowie „Reglement und Ordnung, nach welchem sich gesammbte unmittelbare kaiserliche Infanterie, in den Handgriffen und Kriegsexercitien sowol, als in den Kriegsgebräuchen, gleichförmig zu achten haben“ (Wien 1737) auf lange hinaus die Basis aller organisatorischen und taktischen Einrichtungen in der kaiserlichen Armee und geben zugleich ein eben so lebhaftes als treues Bild des Militärwesens jener Zeit. Khevenhüller’s „Kurzer Begriff aller militärischen Operationen sowol im Felde als in Festungen“ (Wien 1756) war eines der ersten und zugleich vorzüglichsten Werke über die gesamte Kriegskunst und erschien 1771 in Paris unter dem Titel „Comte de Khevenhüller, Maximes de guerre, relatives à la guerre de campagne et à celle du siége trad. de l’allemand p. M. le Baron de Sinclair“.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Figuren des Siebenjährigen Krieges