General der Artillerie Kraft Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen

Kraft Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen, königlich preußischer General der Artillerie, geb. am 2. Januar 1827 zu Koschentin in Oberschlesien, ein Sohn des am 24. April 1873 gestorbenen Prinzen Adolf, welcher im Jahre 1862 kurze Zeit preußischer Ministerpräsident war, und einer geborenen Prinzessin von Hohenlohe-Langenburg, ein Enkel des Fürsten Friedrich Ludwig, der 1806 bei Prenzlau kapitulierte. Sein Vater hat sich die Verpflichtung auferlegt, die vom Fürsten Friedrich Ludwig während der napoleonischen Zeit und der Befreiungskriege gemachten Schulden zu bezahlen, sein Haushalt wird daher mit äußerster Einschränkung, unter Verzicht auf jegliche Annehmlichkeit des Lebens, geführt; die Erziehung der Kinder ist hart und streng. Prinz Kraft soll Offizier werden. Sein Vater bestimmt ihn, mit Rücksicht auf die Kosten, für die Artillerie, eine damals als minderwertig angesehene Waffe, für die auch der Sohn wenig Neigung hat. Aber Widerrede gibt es nicht.

Ein militärischer Privatlehrer bereitet ihn für die Prüfung vor, die er, nachdem er am 24. April 1845 als Secondlieutenant der Garde-Artilleriebrigade aggregiert ist, am 24. Juni 1845 mit Erfolg ablegt. Im Winter 1845/46 besucht er die vereinigte Artillerie- und Ingenieurschule. In der sich anschließenden Prüfung zum Artillerieoffizier zeigt er so gute Kenntnisse, dass ihm das Königs Belobigung zu teil wird und dass Friedrich Wilhelm IV. ihm den zu jener Zeit noch nicht umgestalteten Johanniter-Orden verleiht. In den Kreisen der Artillerie wird er von mancher Seite mit Vorurteilen aufgenommen; man zweifelt vielfach, dass er sich mit Ernst dem Dienst widmen werde und fürchtet, dass seine Herkunft dazu dienen soll, ihn auf Kosten der Kameraden in seiner Laufbahn zu fördern. Er aber ist fest entschlossen, seine Erfolge nur Leistung danken zu wollen. Daher widmet er sich mit größtem Ernst und Eifer seinen dienstlichen Pflichten. Aber auch außerhalb dieses beschränkten Kreise arbeitet er an seiner militärischen Ausbildung.

Die Straßenkämpfe in Berlin, seinem Standorte, denen er beiwohnt, geben ihm keine Gelegenheit zu tatsächlicher Beteiligung, führen ihn aber in manche schwierige Lagen, aus denen er sich mit vielem Geschick befreit; ein Kommando zur Artillerie-Prüfungskommission im Jahre 1849 und die Mobilmachung vom Herbst 1850 tragen viel zur Erweiterung seiner Dienstkenntnisse bei. Dann besucht er von 1851–1853 die Allgemeine Kriegsschule (später Kriegsakademie). Sein Abgangszeugnis weist in elf Fächern besondere Belobungen auf. Inzwischen zum Premierlieutenant aufgerückt, kehrt er nun für kurze Zeit in den Frontdienst zurück bis er im Juni 1854 zur Gesandtschaft in Wien kommandiert wird. Seine dortige Bestimmung fasst er sehr ernst auf. Es gelingt ihm während des Krimkrieges, wertvolle Berichte über die österreichische Armee zu erstatten, seine Leistungen werden durch die Beförderung zum Hauptmann im Generalstabe anerkannt und am 8. Janur 1856 ernennt König Friedrich Wilhelm IV. ihn zu seinem Flügeladjutanten. Daneben bleibt er in steter Fühlung mit der Armee und insbedondere mit der damals besonders wichtigen Entwicklung seiner Ursprungswaffe. Durch Vorträge in der Militärischen Gesellschaft, die durch den Druck veröffentlicht werden, trägt er dazu bei. Im Jahre 1864 darf er in Wrangel’s Hauptquartier den Anfängen des Krieges gegen Dänemark beiwohnen.

Am 16. Juni 1864 scheidet er, seit 1858 Major, seit 1861 Oberstleutnant, durch die Ernennung zum Kommandeur des Garde-Feldartillerieregiment aus der Stellung als Flügeladjutant, in der er auch unter König Wilhelm I. verblieben ist. Das Regiment entsteht damals durch die Teilung des Garde-Artillerieregiment in eine Feld- und ein Festungsregiment. Der erste Kommandeur widmet sich seiner Aufgabe mit ebensoviel Eifer und Verständnis wie Erfolg und fördert es auf eine hohe Stufe der Ausbildung.

Die Kriegsgliederung für den Kampf vom Jahre 1866 weist das Regiment verschiedenen Heeresteilen zu; Prinz Hohenlohe, 1865 zum Oberst aufgerückt, erhält das Kommando der Reserveartillerie des Gardecorps, welche aus nur 5 Batterien und den Munitionskolonnen besteht. Die für Hohenlohe’s Kriegstätigkeit getroffenen Anordnungen sind Folge einer Verwendung der Waffe, die seinen Ansichten durchaus zuwiderläuft. Die ihm zugewiesene Rolle macht eine Beteiligung an den Einmarschkämpfen unmöglich, dagegen hat er seinem energischen Verlangen nach Gefechtstätigkeit zu danken, dass er am 3. Juli, dem Tage von Königgrätz, in den Gang der Schlacht mit Erfolg eingreifen und bei der Entscheidung wirksam mit helfen kann. Im Anschluss an die 1. Garde-Infanteriedivision vorgehend und ihren Anmarsch kräftig unterstützend, trägt er wesentlich zum Gelingen des ausschlaggebenden Angriffes auf die Mitte der österreichischen Stellung bei. Eine Kontusionierung durch einen Granatsplitter am Oberschenkel hält ihn nicht ab, bis Abend im Sattel zu bleiben. Die gewonnenen Kriegserfahrungen verwertet er in den nachfolgenden Friedenszeit nicht nur für die Ausbildung seines Regiment, sondern er macht sie für die Waffe überhaupt und für die ganze Armee durch später gedruckte Vorträge und durch die ihm aufgetragene Bearbeitung von Dienstvorschriften und Gutachten nutzbar. Die am 22. März 1868 erfolgte Beförderung zum Generalmajor und zum Kommandeur der Garde-Artilleriebrigade erweitert seinen Wirkungskreis.

In dieser Stellung rückt er im Jahre 1870 zum Kriege gegen Frankreich in das Feld. Am 18. August kommt er bei dem blutigen Ringen um Saint-Marie-aux-Chênes und um Saint-Privat zum ersten, am 1. September bei Sedan zum zweiten Male ins Feuer, an beiden Tagen ergreift er die Gelegenheit den Massenenangriff und die bewusste Feuerleitung, für die er im Frieden mit Nachdruck eingetreten ist, dem Feinde gegenüber zur Geltung zu bringen. Die nächste große Aufgabe, zu deren Löstung er am 23. Dezember berufen wird, ist die obere Leitung des Artillerieangriffes auf Paris, welcher am 28. Januar 1871 zur Kapitulation der Stadt führt.

Nach der Heimkehr wird er am 21. September 1871 zum Inspekteur der 2. Artillerie-Inspektion ernannt. Bald darauf tritt General von Podbielski (s. d.), ein Kavallerist, an die Spitze der Waffe, und es erfolgt deren Scheidung in Feld- und Fußartillerie. Prinz Hohenlohe hat sich als Mitglied des General-Artilleriekomitees gegen die Anordnung ausgesprochen. Am 23. Januar 1873 wird er zum Kommandeur der 12. Division in Neiße, am 22. März des Jahres zum Generalleutnant befördert. Als nach Podbielski’s am 31. Oktober 1879 erfolgtem Tode der jüngere General v. Bülow (s. d.) zum Generalinspekteur und damit zum Vorsitzenden des General-Artilleriekomitees ernannt ist, erbittet und erhält der Prinz am 28. November des Jahres den Abschied. Er verlegt nun seinen Wohnsitz nach Dresden.

Auch nach dem Ausscheiden bleibt er mit der Feder tätig. Damals entstehen Arbeiten, die sich auch mit anderen Waffen beschäftigten, während die früheren lediglich artilleristischen Stoffe zum Gegenstand hatten. Es sind militärische Briefe für Kavallerie, Infanterie und Feldartillerie sowie strategische Briefe und Gespräche über Reiterei; alle finden Anerkennung und weitere Verbreitung. Am 22. März 1883 hat er den Charakter als General der Infanterie erhalten, sechs Jahre später verleiht ihm Kaiser Wilhelm II. den Diensttitel als General der Artillerie. Am 16. Januar 1892 macht der Tod seinen längeren Leiden eine Ende.

Im Jahre 1880 schließt Prinz Hohenlohe eine morganastische Ehe mit Fräulein Luise Thiem, welcher durch Diplom vom 19. September des Jahres der Name einer Frau von Lobenhausen beigelegt wird; die Ehe bleibt kinderlos, doch haben die Gatten eine Adoptivtocher.

Die Dresdner Muße hat der Prinz auch zum Niederschreiben von Aufzeichnungen verwendet, von denen der die Zeit 1848–1856 umfassende, im Jahre 1897 unter dem Titel „Aus meinem Leben“ von General von Teichmann veröffentlichte erste Band durch den Freimut des von großem Selbstgefühle des Verfassers zeugenden Inhaltes mannigfach verletzt und so vielseitigen Widerspruch hervorruft, dass die Herausgabe einer Fortsetzung unterbleibt. Einer den Aufzeichnungen vorangestellten Lebensskizze ist ein Verzeichnis der zahlreichen Schriften des Prinzen beigefügt.

Bibliographie

  • Poten, Bernhard von: Allgemeine deutsche Biographie (Leipzig 1880)
  • Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Quelle: Bernhard von Poten

Deutsch-Französischer Krieg, 1870–1871