Heinrich der Löwe
Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen und Bayern, war 1129, vermutlich in Ravensburg, geboren als einziger Sohn des Welfen Herzog Heinrich des Stolzen von Bayern und Gertruds, der Erbtochter Kaiser Lothars. Von seiner Jugend fehlt uns nähere Kunde, denn dass er eine Zeit lang die Hildesheimer Klosterschule besucht habe, ist eine haltlose Vermutung der späteren Lokaltradition. Als sein Vater, im Streit mit König Konrad III., geächtet und Bayerns sowohl wie des ihm von seinem Schwiegervater auf dem Sterbebett übertragenen Sachsens entsetzt, während einer mit dem Gegner geschlossenen Waffenruhe am 20. Oktober 1139 zu Quedlinburg plötzlich gestorben war, wurden die Rechte des unmündigen Heinrich unter der Leitung seiner tatkräftigen Großmutter Richenza, der Witwe Lothars, in Süddeutschland von seinem Onkel Herzog Welf VI., in Sachsen gegen Albrecht von Bayern durch die treu zu den Welfen stehenden Großen des Herzogtums verfochten. Während die letzteren den in Sachsen erschienenen Askanier schnell wieder aus dem Lande jagten, erlitt die welfische Sache durch Konrad III. Sieg über Welf VI. bei Weinsberg (21. Dezember 1140) eine schwere Schädigung; der Tod Richenzas (10. Juni 1141) und des durch Konrad III. in Bayern eingesetzten Markgrafen Leopold von Österreich (18. Oktober 1141) und dann die Friedebedürftigkeit des Königs sowohl wie der im Innern Sachsens mit auftauchenden Schwierigkeiten ringenden welfischen Partei bahnten den Weg zu einem im Mai 1142 in Frankfurt a. M. geschlossenen Frieden, nach welchem der junge Heinrich das Herzogtum Sachsen behielt, Bayern dagegen an Heinrich, den Markgrafen von Österreich, zugleich mit der Hand Gertruds, der Witwe Heinrichs des Stolzen, gegeben wurde.
Doch war der Friede nur von kurzer Dauer: denn einmal starb Gertrud schon am 18. April 1143 und dann erhob in Süddeutschland Herzog Welf VI. von Neuem Fehde, um Bayern, auf das sein Neffe zu Frankfurt verzichtet hatte, für sich zu gewinnen. Auch der jugendliche Sachsenherzog, obgleich er und seine Vormünder mit Erzbischof Adalbert von Bremen über die durch den Tod des Grafen Rudolf von Stade (15. März 1144) erledigte und einst ihm verheißene Grafschaft Dithmarschen in Streit lagen, hielt sich durch das von seiner Mutter 1142 getroffene Abkommen nicht für gebunden und wartete nur den günstigen Zeitpunkt zur Wiederaufnahme aller seiner Ansprüche ab. Dieser schien gekommen, als 1147 Konrad III. an dem zweiten Kreuzzug teilzunehmen nach dem Osten aufbrach; auf dem letzten Reichstag, den der König vor dem Abmarsch im März 1147 zu Frankfurt hielt, forderte Heinrich offen die Rückgabe Bayerns. Zunächst nahm Heinrich dann zwar im Sommer 1147 mit den ostsächsischen Fürsten an dem Kreuzzug gegen die Slawen Teil, der aber trotz beträchtlicher dänischer Hilfe nach der vergeblichen Belagerung von Demmin nicht nur resultatlos endigte, sondern durch die Verschärfung des Gegensatzes zwischen Deutschen und Slawen insofern geradezu schädlich wirkte, als er die durch den Grafen Adolf II. von Schauenburg in Holstein entstandene deutsche Kolonie ernstlich gefährdete und in ihrer anfänglichen günstigen Entwicklung störte. Um dieselbe Zeit ermöglichte es der Bürgerkrieg und Thronstreit, der Dänemark zerriss, Heinrich auch auf diesen Nachbarstaat Einfluss zu gewinnen, während er gleichzeitig seine weltlichen Herzogsrechte gegenüber dem Erzbischof Hartwig I. von Bremen und dem um die Mission hochverdienten Bischof Vizelin von Oldenburg mit rücksichtsloser Energie vertrat, so dass der letztere endlich 1150 die Investitur aus der Hand des Herzogs annehmen musste.
Inzwischen hatte Konrads III. Zug nach Palästina ein klägliches Ende genommen und die schon wankende Stellung des Königs vollends erschüttert. Damit schien der Zeitpunkt gekommen für eine neue Erhebung der Welfen zur Wiedergewinnung der alten Machtstellung. Der vor Konrad III. aus dem Osten heimkehrende Herzog Welf VI. knüpfte in Apulien mit dem König Roger von Sizilien an, der Geld gab, um Konrad durch Erweckung von Unruhen im Reich noch länger von Italien fern zu halten; selbst Papst Eugen III. schien bereit, der welfischen Erhebung Vorschub zu leisten; in Deutschland konnte man außer auf Heinrich auf den mit dem König wegen Burgund hadernden Herzog Konrad von Zähringen, mit dessen Tochter Clementia sich Heinrich 1149 vermählte, rechnen. Welf VI. schlug 1149 in Süddeutschland los, während Heinrich von dem eben heimgekehrten König noch durch Unterhandlungen hingehalten wurde; die Niederlage die Welf VI. am 8. Februar 1150 durch Konrads III. Sohn, König Heinrich, bei Flochberg erlitt, wandte die Sache plötzlich sehr zum Nachteil der Welfen, zu deren Gunsten allerdings Herzog Friedrich III. von Schwaben vermittelnd eintrat. Von der durch Heinrich geforderten Rückgabe Bayerns konnte nun füglich nicht mehr die Rede sein; dennoch wurde bis gegen Ende des Jahres 1151 darüber unterhandelt. Endlich kam es doch zum Kampfe: Heinrich war nach Schwaben geeilt, die Verteidigung Sachsens überließ er seiner Gemahlin Clementia und dem tapferen Grafen Adolf II. von Schauenburg. Gegen letztere richtete daher Konrad III. im Dezember 1151, unterstützt von Albrecht dem Bären und zahlreichen anderen Feinden der Welfen, seinen Hauptangriff. Aber eben im Anmarsch gegen Braunschweig wurde er durch die Meldung überrascht und entmutigt, dass Heinrich, die von seinen Widersachern veranstaltete Sperre glücklich durchbrechend, schon in Sachsen angekommen und selbst in Braunschweig zur Leitung der Verteidigung bereit sei. Das genügte, um Konrad III. zur Umkehr zu bestimmen. Um dieselbe Zeit brach zwischen Heinrich und Albrecht dem Bären eine neue erbitterte Fehde aus, indem beide Anspruch machten auf die reiche Hinterlassenschaft des am 30. Januar 1152 ermordeten Grafen Hermann von Winzenburg. Während so bei steigender Zerrüttung im ganzen Reich in Sachsen eine neue verderbliche Fehde aufloderte, starb Konrad III. am 15. Februar 1152, nachdem ihm sein hoffnungsvoller und tüchtig bewährter Sohn, König Heinrich, im Tode vorangegangen war.
Am 5. März wurde Herzog Friedrich von Schwaben zum deutschen König erwählt und damit trat auch in der Stellung der Welfen und namentlich Heinrichs ein vollkommener Umschwung ein. Vom ersten Augenblick seiner Regierung an lässt Friedrich I. seinen Vetter Heinrich als die am meisten geschätzte Stütze seines Thrones erscheinen und räumt demselben in fast demonstrativer Weise den ersten Platz neben sich ein: aus einem gefährlichen Gegner des staufischen Königtums ist Heinrich mit einemmal der eifrigste Bündner und zuverlässigste Rückhalt desselben geworden.
Es kann nicht zweifelhaft sein, dass Friedrich I., wie er schon im Gegensatz zu Konrad III. für eine Versöhnung mit den Welfen eingetreten war und mehrfach erfolgreich vermittelt hatte, Heinrich sofort die bindensten Zusicherungen betreffend die Rückgabe Bayerns gemacht hatte. Länger als zwei Jahrzehnte bleibt diese innige Verbindung der Staufer und Welfen die wichtigste Grundlage für die deutsche Politik Friedrichs I., nicht minder aber auch für die von demselben verfolgten großen Pläne in Italien und in seinem Ringen mit der erneuten Hierarchie unter Papst Alexander III. Während Heinrich mit Erbzbischof Hartwig I. von Bremen, der sich durch die steigende Macht des Welfen gefährdet sah, in endlosem kleinen Streit liegt, führt der König bloß in der Fehde zwischen Heinrich und Markgraf Albrecht eine Entscheidung herbei, die den Herzog in den Besitz des reichen Erbes der Grafen von Plötzke setzte, sondern unterhandelt auch bereits mit seinem Onkel Heinrich dem Markgrafen von Österreich und Herzog von Bayern, um die Rückgabe des letzteren gegen Entschädigung. Noch ehe er damit zum Ziel gekommen war, ließ Friedrich dann auf einem Tage zu Goslar im Juni 1154 durch das Fürstengericht das Herzogtum Bayern dem Markgrafen absprechen und als von Rechtswegen Heinrich zustehend anerkennen. Eben dort und damals wurden dann die drei neu entstandenen Bistümer jenseits der Elbe Oldenburg, Mecklenburg und Ratzeburg als sächsische Landesbistümer anerkannt und Heinrich das Recht der Investitur gegenüber den Vorstehern derselben ausdrücklich zugesprochen; diese wichtige Konzession wurde dabei gleich ausgedehnt auf die etwa späterhin noch in jenen Gebieten zu gründenden Bistümer. Dadurch dem König noch enger verbunden, nahm Heinrich an dem Zug Friedrichs I. nach Italien Teil (Oktober 1154 bis September 1155), wohnte der Kaiserkrönung (18. Juni 1155) desselben bei und trug wesentlich zur Niederwerfung des Aufstandsversuches bei, den die Römer an dem Tag derselben durch einen Überfall des deutschen Lagers machten. Dafür wurde Heinrich vom Papst Hadrian IV. belohnt, indem derselbe dem neuen Bischof von Oldenburg (Lübeck), Gerold, die Weihe erteilte, die demselben durch Hartwig von Bremen versagt war, weil Gerold die Investitur aus der Hand des Herzogs angenommen hatte. Überhaupt gilt nach seiner Rückkehr aus Italien die Tätigkeit Heinrichs vorzugsweise Sachsen und dessen slawischen Grenzlandschaften, wo durch seine energische Beihilfe das eine Zeit lang in Stillstand geratene Missionswerk und die mit demselben verbundene deutsche Kolonisation wieder in vielverheißenden Fortgang gebracht wird, obgleich es nicht an Fällen fehlte, wo die rein weltlichen und nicht selten rücksichtslos fiskalischen Gesichtspunkte, die für den Herzog vorzugsweise maßgebend waren, mit den von anderer Seite mehr betonten kirchlichen Interessen in einen den letzteren stets nachtteiligen Konflikt gerieten. Auch die bayerische Angelegenheit fand nach langen Bemühungen des Kaisers endlich im Sommer 1156 ihre den Ansprüchen der Welfen Befriedigung gewährende Erledigung.
Auf dem Reichstag zu Regensburg leistete am 17. September 1156 Heinrich von Österreich feierlich auf das Herzogtum Bayern Verzicht, welches der Kaiser alsbald Heinrich zu Lehen auftrug, allerdings etwas verkleinert durch Abtrennung des Landes zwischen Enns und Inn, welches an das zu einem mit ungewöhnlichen Vorrechten ausgestatteten Herzogtum erhobene Österreich gegeben wurde. Die welfische Macht war also nach langem Kampf fast ganz ungeschmälert wiederhergestellt: denn was sie in Bayern eingebüßt hatte, war durch die ihr in Sachsen, namentlich in den neu gewonnenen slawischen Landen eingeräumte wahrhaft königliche Stellung mehr als aufgewogen. Dem entsprich denn auch der großartige Aufschwung, den wir die Tätigkeit und die aus ihr erwachsende Machtstellung Heinrichs in den nächsten zehn Jahren nehmen sehen. Während nämlich Kaiser Friedrich I. seine Kraft ganz auf Italien konzentriert, um erst den lombardischen Städten gegenüber, dann im Kampf mit der neu entstandenen Hierarchie, den Normannen und Griechen seine kaiserlichen Weltherrschaftspläne durchzusetzen, überlässt er Heinrich gewissermaßen seine Vertretung in Deutschland, welche dieser mit rücksichtsloser Energie und glänzendem Erfolg, aber auch mit steigender Selbstsucht wahrnahm. Heinrich führt in den nächsten zehn Jahren den Kampf gegen die Slawen mit ungebeugter Energie fort und bereitet in den mit seinen Waffengefährten, Adolf II. von Schauenburg, Gunzelin von Schwerin, Heinrich von Ratzeburg u. A. den zähen Gegnern meist öde und entvölkert abgenommenen Landschaften durch Kirchen und Klostergründungen dem Christentum und durch Ansiedlung zahlreicher Kolonisten aus dem Innern des Reiches, namentlich aber aus Westfalen und den Niederlanden, der deutschen Kultur eine bleibende und bald auch gedeihende Stätte. Der endgültige Sieg beider konnte nach manchen Wechselfällen für gesichtert gelten seit 1160 der Abodritenfürst Niklot gefallen war, wenn auch dessen Söhne Wertislaw und Pribislaw sich in den nächsten Jahren noch mehrfach empörten und nachdem sie der neuen Pflanzung noch manchen schweren Schaden zugefügt hatten, erst 1164 durch den großen Sieg der Vasallen Heinrichs bei Verchen (6. Juli) endgültig niedergeworfen wurden; damals kam auch ein Teil Pommerns, dessen Fürsten mit den Slawen verbündet gewesen waren, in Abhängigkeit von dem Sachsenherzog. Glänzend entfaltete sich nun die deutsche Kultur in jenen Gebieten; besonders herrlich erblühte Lübeck – eine Gründung eigentlich des Grafen Adolf II. von Schauenburg, deren Abtretung der Herzog jedoch durch Gewaltmaßregeln erzwungen hatte. Sehr wesentlich für die Entwicklung der Macht Heinrichs des Löwen auf diesem Gebiet war die völlig Ohnmacht des hilflosen Dänemark, das dem Herzog gegenüber fast zu der Rolle eines heeresfolgepflichtigen Vasallenstaates herabsank. In dem langjährigen Thronstreit zwischen den beiden Prätendenten Knud und Svend unterstützte Heinrich den letzteren mehrfach teils direkt, teils indem er die von ihm abhängigen Slawenstämme demselben zur Wiedergewinnung des Throns behilflich zu sein anwies. Wirklich verdankte Svend schließlich dieser Unterstützung (1157) die Herrschaft wenigstens über einen Teil von Dänemark; durch die Ermordung seines alten Nebenbuhlers aber verscherzte er bald die gewonnene Krone wieder und es kam endlich der junge, talentvolle und tatkräftige Waldemar (1160) in den unbestrittenen Besitz derselben. Diesem gegenüber spielt Heinrich vollständig den Oberherrn; nur seinem starken Schutz hatte es das erschöpfte Dänemark zu danken, dass die verwüstenden Slaweneinfälle aufhörten; gemeinsam zogen Heinrich und Waldemar wiederholt gegen die noch nicht unterworfenen pommerischen Slawenstämme, von welchen Unternehmungen der Gewinn fast ausschließlich dem Herzog zufiel. Selbst als Waldemar 1168 bloß mit dänischen Kräften die Insel Rügen erobert hatte, nötigte ihn Heinrich, die aus der Insel gezogenen Einkünfte wie die aus den gemeinsamen Eroberungen mit ihm zu teilen. Aber auch in den Reichsangelegenheit und den durch Friedrichs I. Kaiserpolitik veranlassten weltlichen und kirchlichen Kämpfen nahm Heinrich, wenn auch seine Haupttätigkeit Sachsen und den slawischen Landen galt, zeitweise hervorragenden Anteil.
Im Sommer 1157 machte er mit seinen sächsischen Mannen den kurzen erfolgreichen Feldzug Friedrichs I. zur Wiedereinsetzung des verjagten Herzogs Boleslaw von Polen mit. Dagegen blieb er, als der Kaiser 1158 gegen Mailand zog, zunächst in Deutschland zurück und traf erst im Juli 1159 mit seinem Kontingent im Lager vor dem hartberannten Crema ein, wohin er gleichzeitig die Kaiserin Beatrix geleitete; gemeinsam mit dem Patriarchen von Aglei führte Heinrich der Löwe dann Ende Januar 1160 die Unterhandlungen, die mit der bedingungslosen Unterwerfung der Stadt endeten. In dem eben damals ausbrechenden Streit des Kaisers mit Alexander III. stand Heinrich von Anfang an entschieden auf der Seite des ersteren und des kaiserlichen Gegenpapstes Victor IV., den er im Februar 1160 auf dem Reichstag und Konzil zu Pavia als das rechtmäßige Oberhaupt der Kirche anerkannte. Ebenso eilte Heinrich zu Beginn des Jahres 1161 dem Kaiser vor dem eingeschlossenen Mailand zur Hilfe, kehrte aber noch vor dem Fall der Stadt nach Deutschland zurück. Im Herbst 1162 erschien Heinrich auf dem großen Reichstag und Kongress zu Dole in Burgund, wo der kaiserliche Gegenpapst nochmals anerkannt wurde und der im Geleit Heinrichs dorthin gekommene König Waldemar von Dänemark dem Kaiser als seinem Oberherrn die Lehnshuldigung leistete. Wie sehr Heinrich in dieser Zeit sich mit des Kaisers Politik identifizierte, beweist namentlich auch die Tatsache, dass derselbe, nachdem er 1163 seine Ehe mit Clementia von Zähringen hatte lösen lassen, sich jetzt zunächst aus rein politischen Rücksichten mit Mathilde, der ältesten Tochter Heinrichs II., des Königs von England, verlobte, und dazu stimmt es vollkommen, dass er auf dem Würzburger Reichstag, Pfingsten 1165, zu den wenigen Reichsfürsten gehörte, welche den von Reinald von Dassel, dem Erzbischof von Köln, vorgeschlagenen Eid leisteten, durch welchen der Kaiser und die mit ihm Schwörenden jede Möglichkeit einer künftigen Anerkennung Alexanders III. oder eines von dessen Partei gewählten Papstes unbedingt ausschließen wollten. Wie diese Zeit den Höhepunkt bezeichnet in der Innigkeit der Allianz zwischen Staufen und Welfen, so ist sie zugleich die, in welcher Heinrich den Gipfel seiner Laufbahn, den Höhestand an Macht und Glück erreicht hatte. Nicht lange danach begann die Bewegung, die lange Zeit gewaltsam niedergehalten, schließlich sich doch unaufhaltsam Bahn bricht und in ihren letzten Konsequenzen den Sturz des übergewaltigen Herzogs und die Zertrümmerung seiner wahrhaft königlichen Macht herbeiführte. Der Ausgangspunkt derselben lag in den inneren Verhältnissen Sachsens.
Die fast souveräne Stellung, die Heinrich besonders in Folge der Verleihung des Investiturrechts gegenüber den Transalbingischen Bistümern in den slawischen Grenzlanden einnahm, musste ihn die Schranken lästig empfinden lassen, welche ihm in den unmittelbar angrenzenden ostsächsischen Landen die Reichsunmittelbarkeit der Bischöfe und Grafen und seine eigene Lehnsabhängigkeit vom Reich zogen, um so mehr, als seine herzogliche Stellung in anderen Teilen seines weiten, vom Fuße der Alpen bis zum Gestade der Ost- und Nordsee reichenden Gebietes eine viel unumschränktere war. In dieser Hinsicht bestand zunächst ein scharfer Gegensatz zwischen dem bayerischen und sächsischen Herzogtum. Während nämlich in Bayern die meisten Grafschaften nicht mehr Reichslehen waren, sondern anerkanntermaßen vom Herzog zu Lehen gingen, so dass tatsächlich in dessen Hand die höchste Gewalt lag, hatte Heinrich innerhalb Sachsens nur in Westfalen die gleiche herzogliche Gewalt, aber auch dies nur insofern, als er dort die alte gräfliche Gewalt unangetastet ließ und nur in der Rechtspflege eine Stellung über der aus diesen gräflichen Befugnissen fließenden Jurisdiktion beanspruchte und als höhere Instanz auch wirklich zur Anerkennung brachte: als oberster Richter entscheidet der Herzog die Streitigkeiten der westfälischen Großen und als Herzog über die Grafen und die Inhaber gräflicher Rechte sich stellend, sorgt er für Ruhe und Frieden in dem Lande, das in seiner Herzogswürde seine Einheit findet. Dagegen waren die Grafschaften im östlichen Sachsen, sowohl die in den Händen weltlicher Großen wie die in den Händen von Klöstern und Stiftern befindlichen, nicht abhängig vom Herzogtum, sondern reichsunmittelbar. Dies Verhältnis zu durchbrechen und seine herzogliche Gewalt auch im östlichen Sachsen ähnlich wie in Bayern und Westfalen zur Geltung zu bringen, war unausgesetzt Heinrichs Bemühen.
Wo ein sächsisches Adelsgeschlecht im Mannesstamme erloschen war, da beanspruchte der Herzog ohne Rücksicht auf die begründeten Ansprüche der Seitenverwandten die Güter desselben für sich, und da Kaiser und Reich ihn lange Jahre ruhig gewähren ließen, so brachte er seine Ansprüche auch meistens zur Geltung. Auf diese Weise ließ sich im westlichen Sachsen allmählich eine ganz neue Auffassung der herzoglichen Gewalt einbürgern: je mehr die Reihen der alten Geschlechtern entsprossenen Reichsgrafen sich lichteten und die Gebiete derselben, nicht selten auf gewaltsame Weise, in die Hände des Herzogs übergingen, um so mehr wuchs die Zahl der von dem Herzog zu Lehen gehenden, also nur noch reichsmittelbaren Grafschaften, um so ähnlicher wurde die herzogliche Stellung Heinrichs des Löwen in Ostsachsen der in Westfalen und namentlich Bayern. Die Erfolge dieser Politik waren natürlich sehr verschieden, je nach den in den einzelen Fällen in Betracht kommenden besonderen persönlichen und landschaftlichen Verhältnisse: es ist z. B. nicht so weit gekommen, dass die sächsischen Grafen dem Herzog so wie die bayerischen ohne weiteres hätten Heeresfolge leisten müssen. Dagegen erweiterte Heinrich seine jurisdiktionelle Autorität außerordentlich: in dieser Beziehung waltete er z. B. in Bremen, ohne Herr der Stadt zu sein, ganz als Landesherr und brachte von da aus allmählich das ganze Bremer Erzbistum in ähnliche Abhängigkeit; ähnliches gelang ihm in anderen bischöflichen Gebieten, wie er z. B. im Hildesheimer Sprengel die herzogliche Gewalt zu einer ganz ungewöhnlich weiten Geltung gebracht zu haben scheint. Es verstand sich nun aber von selbst, dass dieses Verfahren Heinrichs in den Kreisen der dadurch mittelbar oder unmittelbar Bedrohten auf einen stetig wachsenden Widerstand stieß.
Die zahlreichen Fehden, die Sachsen in einzelnen Teilen heimsuchten, sind fast sämtlich auf diesen Konflikt zurückzuführen. Ebenso natürlich war es, dass, da vom Kaiser, der damals stets für Heinrich Partei ergriff, Schutz und Hilfe nicht zu erlangen war, die in der gleichen Gefahr Befindlichen sich endlich zu gemeinsamer Abwehr verbanden und dass alle sonstigen Widersacher der welfischen Übermacht diese Wendung benutzten, um nach Kräften eine Zertrümmerung derselben vorzubereiten. So kam es im Herbst 1166 zu einem großen Fürstenbündnis gegen Heinrich, dem die Erzbischöfe von Köln, Magdeburg und Bremen, der Bischof von Hildesheim, die Äbte von Hersfeld und Fulda, dann Albrecht der Bär, Ludwig von Thüringen, Margraf Otto von Meißen, der sächsische Pfalzgraf Adalbert von Sommerschenburg und viele andere sächsische Große angehörten. Die hiermit drohende Gefahr und die Notwendigkeit, die immer stärker werdende Opposition gegen seine Kirchenpolitik von starker und zuverlässiger Hand niederhalten zu lassen, waren es wohl, welche Kaiser Friedrich I. bestimmten, als er im Herbst 1166 den Zug gegen Rom antrat, Heinrich in Deutschland zurückzulassen. Sofort aber (November 1166) stürmten die verbündeten Fürsten von allen Seiten gegen Heinrich an: aber ihr Angriff auf die das Magdeburgische Gebiet bedrohende herzogliche Veste Haldensleben blieb erfolglos und auch auf dem nordwestlichen Kriegsschauplatz, im Bremischen und Oldenburgischen, war Heinrich siegreich. In Folge dessen wurde auf einem zahlreich besuchten Tag zu Sandersleben bei Magdeburg (12. Juli 1167) das große Bündnis gegen ihn erneut und erweitert: der Kampf entbrannte in ganz Sachsen mit gesteigerter Heftigkeit, und namentlich fiel Haldensleben endlich in die Hände der Angreifer. Da aber erschienen Ende 1167 Erzbischof Christian von Mainz und Herzog Berthold von Zähringen und geboten – durchaus zu Gunsten Heinrichs – Frieden im Namen des Kaisers, der eben damals durch den tragischen Ausgang des Zuges gegen Rom eine unheilvolle Erschütterung seiner Macht erfahren hatte. Erst längeren Bemühungen des Kaisers selbst gelang es im Frühjahr 1169 in Bamberg einen wirklichen Frieden herbeizuführen, der die Macht Heinrichs völlig unangetastet erhielt, aber natürlich die Unzufriedenheit der Gegner desselben noch steigerte. Friedrich I. konnte eben des Rückhaltes nicht entbehren, den ihm, während er in Italien focht, der Welfe in Deutschland gegen die erstarkende Anhängerschaft Papst Alexanders III. gewährte, er stützte die Stellung desselben daher, obgleich dieselbe eigentlich schon damals mit seiner eigenen königlichen nicht mehr recht vereinbar erscheinen musste. Tatsächlich gingen denn auch unmittelbar darauf die Wege Friedrichs und Heinrichs auseinander, indem sich der alte Konflikt zwischen staufischen und welfischen Hausinteressen erneute.
Heinrich empfand es zunächst als eine schwere Kränkung, dass die Anwartschaft auf das reiche Erbe seines Onkels Welf VI., die er sich durch einen Rentenvertrag gesichter zu haben glaubte, weil er die eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllte, auf den freigebigeren Kaiser überging; ferner aber scheint Heinrich eben damals die innere Abwendung von Friedrichs Kirchenpolitik eingeleitet zu haben, deren unheilvolle Konsequenzen allerdings in den trostlosen Zuständen das Salzburger Erzstifts klar zu Tage traten und auf Bayern einen sehr nachteiligen Einfluss übten. Daneben dauern die Slawenkämpfe, die kirchlichen und Kulturbetrebungen Heinrichs in den durch dieselben neugewonnenen oder vollends gesichteren Gebieten fort; auch fehlt es nicht an neuen Fehden mit Wichmann von Magdeburg und Albrecht dem Bären: alles zeigt, dass Heinrich sich den allgemeinen Interessen des Reiches immer mehr entfremdete und immer einseitiger und eigennütziger eine spezifisch welfische Politik trieb, und er war dazu allerdings insofern genötigt, als er jeden Augenblick eines neuen erbitterten Ansturms seiner einheimischen Widersacher und feindlichen Nachbarn gewärtig sein musste.
1172 machte Heinrich eine glänzende Wallfahrt nach dem Heiligen Land: die Donau abwärts ging er zu Lande nach Konstantinopel, wo er durch Kaiser Emanuel auf ehrenvollste empfangen wurde, und segelte dann nach Akkon, von wo er nach Jerusalem pilgerte. Eine fromme Stiftung zu Gunsten der heil. Grabeskirche sollte sein Andenken aufbewahren; nach dem Besuch auch der übrigen Wallfahrtsziele kehrte Heinrich über Antiochien und dann von Simeonshafen zu Schiff nach Tarsus, weiter unter sicherem Geleit des Sultans Kilidsch Arslan II. von Ikonium durch Kleinasien nach dem Hellespont und Konstantinopel zurück und erreichte im Herbst 1172 glücklich Braunschweig wieder. Die Erinnerung an diese Wallfahrt wurde lebendig erhalten durch mancherlei Reliquen und Kostbarkeiten, die der Herzog mitbrachte und deren wertvollste an den in jener Zeit seiner Vollendung entgegengehenden St. Blasiusdom zu Braunschweig gegeben wurden und dort zum Teil nach heute aufbewahrt werden.
Im Herbst 1174 zog Friedrich I. zur Bekämpfung des lombardischen Bundes nach Italien, aber auch diesmal blieb Heinrich in Deutschland zurück; dass das mit Zustimmung des Kaisers geschah, ist unzweifelhaft; sehr wahrscheinlich ist, dass dabei die Absicht obwaltete, einmal im Interesse des Kaisers die unaufhaltsam angewachsene alexandrische Opposition in Deutschland niederzuhalten und dann den bei Heinrichs Entfernung sicher zu erwartenden Wiederausbruch der für die welfische Macht so gefährlichen Unruhen unmöglich zu machen. Aber der unglückliche Verlauf, den des Kaisers Kampf in Italien nahm, änderte die Lage der Dinge bald vollkommen: die Belagerung von Alessandria blieb erfolglos, die Friedensunterhandlungen von Montebello, durch die ein gütlicher Ausgleich gesichert schien, wurden durch die Lombarden schließlich treulos zerrissen; der Kaiser, der in der Meinung den Frieden gesichert zu sehen, sein Heer entlassen hatte, sah sich inmitten der in neuer allgemeiner Erhebung gegen ihn aufstehenden Lombardei ohne Mittel zum Widerstand und alles mühsam Gewonnene völlig auf das Spiel gesetzt; Bote auf Bote eilte nach Deutschland zu schleunigster, tatkräftiger Hilfe zu mahnen, und auch an Heinrich erging des Kaisers Ruf, ihm mit seinen Mannen zur Hilfe zu eilen. Damit trat die langsam gereifte Krisis plötzlich in das Stadium beschleunigter Entscheidung. Heinrich verweigerte die geforderte Hilfe – zunächst zweifelsohne, weil seine Entfernung aus Sachsen in eben jenem Moment ein Signal zu einer allgemeinen Erhebung seiner Feinde gegeben haben würde, und wie die Dinge damals lagen, hätte er von dem Kaiser keine ernstliche Intervention zu seinen Gunsten zu erwarten gehabt. Ohne Frage aber kamen noch andere Momente zur Geltung, mit denen zusammen erst diese Erwägung eine so ausschlaggebende Bedeutung erhielt. Einmal nämlich hat auch Heinrich die kirchliche Politik Friedrichs, die fast allen Anhang verloren hatte und die ja auch die Klippe wurde, an der des Kaisers Kampf mit den Lombarden schließlich scheiterte, nicht mehr mitmachen, nicht mit gewaffneter Hand unterstützen wollen; verschiedene Bande zogen ihn zu der alexandrischen Partei hinüber: eine Schwester seiner 1167 heimgeführten Gemahlin Mathilde von England sollte eben damals mit dem, dem Papst und den Lombaren gegen Friedrich verbündeten jungen Normannenkönig verlobt werden; auch die auf der Wallfahrt angeknüpfte engere Verbindung mit Kaiser Manuel, sowie die Beziehungen zu Heinrich von Österreich und Welf VI., Hauptstützen des hierarchischen Papsttums in Deutschland, kamen in Betracht.
Die welfische Erbschaft und die glückliche Hausmachtspolitik des Kaisers gerade in Schwaben mussten Heinrich verstimmen: einst hatte Friedrich ihn mit in erster Linie als den von ihm gewünschten Nachfolger bezeichnet; jetzt hatte derselbe von der Burgundischen Beatrix eine Reihe blühender Söhne und schon war der Erstgeborene, Heinrich, zum König gewählt und somit der Nachfolge gewiss. Vor allem aber gingen die großen politischen Interessen Friedrichs I. und Heinrichs, die so lange sich in einer Richtung bewegt hatten, eben damals und schon seit Längerem völlig auseinander: während nämlich die Politik des Kaisers ihren Schwerpunkt in Italien fand und deshalb kein höheres Interesse kannte als den siegreichen Austrag des Kampfes mit dem Papsttum und den lombardischen Städten, war für Heinrich dort im Süden der Alpen nichts zu gewinnen, wohl aber im Norden, in Sachsen selbst, in den slawischen Grenzlanden und dem zusehens erstarkenden Dänemark gegenüber alles zu verlieren. Es erneute sich in vergrößertem Maßstab der schon früher für die deutsche Geschichte so entscheidend gewordene Gegensatz zwischen Nord- und Süddeutschland. Diese allgemeinen Erwägungen zusammen mit den leise emporgewachsenen dynastischen und deshalb schließlich auch persönlichen Gegensätzen zwischen Heinrich und Friedrich I. machen es völlig begreiflich und rechtfertigen es auch in gewissem Sinne, dass Heinrich dem kaiserlichen Hilferuf keine Folge leisten zu können erklärte. Der Kaiser machte natürlich zunächst den Versuch, den Herzog umzustimmen: Briefe und Boten gingen hin und her; welcher Art der Inhalt der Korrespondenz war, wissen wir nicht: denn wenn es u. A. heißt, Heinrich habe die Gewährung der erbetenen Hilfe abhängig gemacht von der Überlassung des wichtigen Goslar, der festesten Position im oberen Sachsen, so erscheint diese Gegenleistung, selbst wenn der Kaiser sie zugestanden hatte, als sehr unbedeutend im Vergleich sowohl mit der Gefahr, die Heinrich durch einen Zug nach Italien lief, als auch mit dem Wert, den die tatkräftige Hilfe desselben in jenem kritischen Augenblick für den Kaiser haben musste. Endlich machte Friedrich den letzten Versuch, den Herzog zum Nachgeben zu bestimmen: Anfang März – nach anderen schon in der zweiten Hälfte des Februar 1176 – hatte er mit dem eben in Bayern weilenden Herzog eine persönliche Zusammenkunft – es steht nicht mit völliger Sicherheit fest, ob in Partenkirchen oder in Chiavenna, welches letztere noch zum Herzogtum Schwaben gehörig unmittelbar an der Grenze desselben gegen Italian lag. Die Unterredung blieb resultatlos: was im Einzelnen von ihr erzählt wird, – der Fußfall des Kaisers vor Heinrich, die mahnenden Worte der Kaiserin Beatrix und die höhnische Redes des herzoglichen Truchsess, – ist nicht hinreichend beglaubigt, ohne geschichtlichen Wert und in das Gebiet der historischen Sage zu verweisen.
Am 29. Mai 1176 unterlag Friedrich I. bei Legnano den Lombarden: Heinrich dafür verantwortlich zu machen, wäre völlig unberechtigt gewesen, da ja die anfänglich siegreiche Schlacht erst durch die übereilte Verfolgung der Deutschen verloren ging. Auch ist von Seiten des Kaisers nicht einen Augenblick die Schuld an der Niederlage Heinrich zugeschrieben worden, weder damals noch später, ja, es darf als erwiesen angesehen werden, dass Friedrich anfänglich weit davon entfernt war, an dem Herzog eine so schwere Vergeltung zu üben, wie sie nachher tatsächlich erfolgt ist, dass er vielmehr das Verhälnis zu dem alten Bundesgenossen wohl als erschüttert ansah, nicht aber als zerstört und unherstellbar. Das beweist die ganze Haltung Friedrichs während der nächsten Jahre bis zu den letzten Katastrophen der welfischen Macht. Nicht wegen der verweigerten Heeresfolge und nicht wegen der gar nicht durch ihn veranlassten Niederlage von Legnano kam Heinrich zu Fall, sondern in Folge einer neuen wütenden Erhebung seiner alten einheimischen Widersacher, denen diesmal der totale Umschwung, den die dem Tage von Legnaoo folgenden Ereignisse bis zum venetianischen Frieden 1177 bewirkten, mächtigen Vorschub leistete, so dass der Kaiser, wollte er nicht selbst Gefahr laufen, den Welfen nicht mehr schützen konnte und endlich widerstrebend denselben seinen Todfeinden opfern musste.
Durch den venetianischen Frieden war der einst als Anhänger Alexanders III. unter hervorragender Mitwirkung Heinrichs entsetzte Bischof Ulrich von Halberstadt, ein alter erbitterter Gegner Heinrichs, wieder hergestellt worden. Sein Erscheinen gab das Signal zum Beginn des Kampfes: als Heinrich von ihm in Besitz genommene Halberstädter Lehen herauszugeben sich weigerte, wurde er von Ulrich mit dem Bann belegt; bald entbrannte im Halberstädtischen eine wütende Fehde; Erzbischof Philipp von Köln schloss mit Ulrich ein Bündnis und fiel in Westfalen ein, doch gelang es Christian von Mainz nochmals, einen Stillstand zu vermitteln. Als darauf im Herbst 1178 Friedrich nach Deutschland kam, eilte Heinrich zu ihm nach Speyer und erhob Klage gegen die wider ihn verbündeten Fürsten; aber auf dem zur Verhandlung angesetzten Tag zu Worms (Januar 1179) erschien er nicht, während seine Hauptwidersacher dort zugegen waren und sich in den heftigsten Klagen wider ihn ergingen. Zur Verantwortung auf dieselben nach Magdeburg beschieden, erschien Heinrich auch dort nicht (24. Juni 1179); zu den Anklagen gegen ihn kam jetzt noch die, dass er die Lausitzer Slawen zu einem Einfall in das Magdeburgische Gebiet veranlasst habe, die Markgraf Dietrich von Landsberg sogar in gerichtlichem Zweikampf zu erweisen sich erbot. Auf einer Zusammenkunft, die er von Magdeburg aus mit Heinrich hatte, erbot sich der Kaiser, demselben gegen Zahlung einer Buße von 5000 Mark (für die verweigerte Heeresfolge doch wohl) zu einem billigen Frieden mit den feindlichen Fürsten zu verhelfen; aber auch dies Erbieten lehnte Heinrich ab und arbeitete so seinen Gegnern nur noch in die Hände, die versöhnlichen Absichten Friedrichs unklug durchkreuzend. Dass es sich von nun an nicht um das Zerwürfnis zwischen Kaiser und Heinrich handelte, sondern ausschließlich um dessen aufs Neue zugespitzten Gegensatz zu den übrigen, namentlich den sächsischen Fürsten, kann danach wohl nicht mehr zweifelhaft sein.
Ein auf Drängen der Fürsten angesetzter dritter Reichstag zu Kayna (August 1179) blieb von Heinrich unbeachtet; dennoch fällte der Kaiser, obgleich vollauf dazu berechtigt, noch kein Urteil gegen denselben. Heinrich aber begann den Kampf in Sachsen von neuem: durch plötzlichen Überfall nahm er am 23. September 1179 Halberstadt, das geplündert und niedergebrannt wurde; Bischof Ulrich fiel in seine Gefangenschaft und wurde in Artlenburg festgesetzt. Zu spät erschienenen nun die Erzbischöfe von Köln und Magdeburg mit den übrigen Bundesgenossen Ulrichs im Felde: vor dem festen Haldensleben richteten sie nichts aus. Ganz Sachsen war von Mord und Brand erfüllt, während die Abodriten und Zirzipanen sich erhoben und das durch Heinrich ihnen aufgelegte Joch in wilder Empörung abschüttelten. Nach solchen Vorgängen war freilich der früher noch mögliche und vom Kaiser ernstlich gewollte gütliche Ausgleich durchaus unmöglich geworden. Zu spät lenkte Heinrich ein, indem er Weihnachten 1179 Bischof Ulrich in Freiheit setzte, nachdem derselbe den Bann aufgehoben und ihm die streitigen Lehen eingeräumt hatte. Aber auch den vierten ihm ausgeschriebenen Termin zu Würzburg (Januar 1180) ließ Heinrich ungenützt verstreichen: weil er sich, dreimal gesetzmäßig vorgeladen, nicht gestellt und damit der Verachtung kaiserlicher Majestät schuldig gemacht habe, wurde Heinrich dort auf den Spruch des Fürstengerichts von dem Kaiser in des Reiches Acht getan. Das Herzogtum Bayern, Westfalen und Engern und alle sonstigen Reichslehen wurden ihm abgesprochen und dem Kaiser zur Verfügung gestellt. Erst von diesem Tag an handelte es sich um einen Streit zwischen Friedrich und Heinrich, zwischen dem Reichsoberhaupt und seinem in unbeugsamem Trotz auffälligen Vasallen. Die Entwicklung kam jetzt in schnelleren Fluss: am 13. April 1180 wurde zu Gelnhausen das Herzogtum Sachsen verteilt – Westfalen kam an Köln, Engern an Bernhard von Anhalt als neuen Herzog von Sachsen, dessen Macht jedoch dadurch auf Neue eingeschränkt wurde, dass die bisher tatsächlich von Heinrich abhängigen Grafschaften und Bistümer in ihrer Reichsunmittelbarkeit wiederhergestellt und gesichert wurden. Ende 1180 wurde zu Regensburg Otto von Wittelsbach zum Herzog von Bayern erhoben; zugleich erging das Kaisers Aufgebot an die Fürsten zur Reichsheerfahrt gegen den geächteten Welfen. Unter sehr ungüstigen Vorzeichen trat dieser in den Entscheidungskampf ein, den er durch verblendeten Trotz heraufbeschworen hatte. Weder von Dänemark, dessen König Waldemar mit Freuden den übermächtigen und oft lästigen Schirmherrn fallen sah, noch von seinem Schwiegervater Heinrich II. von England, der im Streit lag mit der Kurie und mit Ludwig VII. von Frankreich, konnte er Hilfe erwarten; die eigenen Anhänger, wie namentlich den jungen Grafen Adolf III. von Schauenburg, entfremdete er sich durch unklugen Hochmut und trieb sie förmlich in das Lager des Gegners. Sein Sieg über einen Teil seiner sächsischen Feinde bei Weißensee (14. Mai 1180), wo Landgraf Ludwig von Thürigen gefangen genommen wurde, änderte daran ebenso wenig wie das glückliche Treffen, das seine Mannen den abgefallenen Grafen Westfalens bei Hallerfeld (1. August 1180) lieferten.
Als Philipp von Köln in Westfalen erschien, unterwarf sich ihm das ganze Land; im östlichen Sachsen wurde Haldensleben nach heldenmütiger Verteidigung am 15. Mai 1181 zur Übergabe gezwungen, und Ende Juni 1181 erschien der Kaiser selbst mit einem stattlichen Reichsheer jenseits der Elbe. Damit war Heinrichs Schicksal entschieden: ein Corps zur Beobachtung in der Nähe Braunschweigs zurücklassend, drang der Kaiser durch die Lüneburger Heide: Ratzeburg, dessen Grafen Heinrich schnöde gekränkt und misshandelt hatte, wurde durch dessen Mannen in des Kaisers Gewalt geliefert; damit sah sich Heinrich zur Flucht erst nach Artlenburg, dann nach Stade genötigt, während der Kaiser Lübeck einschloss und, durch Waldemar von Dänemark mit einer Flotte unterstützt, nach kurzer Belagerung zur Übergabe zwang, der Stadt jedoch ihre Rechte und Freiheiten beließ. Nun entließ Heinrich den Landgrafen von Thüringen aus seiner Kriegsgefangenschaft und erbat für sich selbst freies Geleit nach Lüneburg, das ihm auch bewilligt wurde.
Mit der Eroberung Stades durch die Erzbischöfe von Bremen und Köln war die Eroberung Sachsens, soweit es zu dem Welfen gehalten hatte, vollendet. Den Schlussakt dieser Entwicklung bezeichnet der im November 1181 gehaltene Reichstag zu Erfurt: dort erschien Heinrich vor dem Kaiser und empfahl sich kniend der Gnade desselben; diese voll zu gewähren, wie er nicht abgeneigt gewesen zu sein scheint, war Friedrich durch die Fürsten außer Stande gesetzt; welche ihm die ausdrückliche Verpflichtung abgenommen hatten, den Herzog nicht anders als mit ihrer Zustimmung in seine frührere Stellung wieder einzusetzen. Aber soweit es ihm möglich war, milderte Friedrich Heinrichs Schicksal auch jetzt noch: von dem Eigen und Erbe, das derselbe streng genommen auch vollständig verwirkt hatte, blieb ihm außer dem seiner Gemahlin schon früher zugestandenen Lüneburg auch noch Braunschweig; doch musste Heinrich in die Verbannung gehen und zuvor geloben, aus derselben nicht ohne ausdrückliche Erlaubnis des Kaisers zurückzukehren.
Ende Juli 1181 trat Heinrich die schwere Reise in die Verbannung an: seine Gemahlin Mathilde, seine Tochter aus erster Ehe, die Witwe Friedrichs von Rotenburg (gest. 1167), und sein Sohn Heinrich begleiteten ihn, während Lothar in Deutschland blieb. Auch von seinen Ministerialen folgten ihm viele ins Exil, wozu der Kaiser ausdrücklich Erlaubnis gegeben hatte. Der Herzog ging an den Hof seines Schwiegervaters, Heinrich II. von England. Zwei Jahre verweilte er bei demselben in der Normandie, wo ihm seine Gemahlin 1182 einen Sohn Otto gebar, und machte von dort aus eine Wallfahrt nach Santiago de Compostela. 1184 folgte er mit den Seinen Heinrich II. nach England; dort gebahr seine Gemahlin zu Winchester ihren jüngsten Sohn Wilhelm. Später hielten die Welfen zu London glänzend Hof, wozu Heinrich II. mit fürstlicher Freigebigkeit die Mittel aufs reichste gewährte. – Aber trotzdem sehnte sich Heinrich nach der Heimat zurück; auch mochte der Umschwung, der inzwischen in den allgemeinen politischen Verhältnissen eingetreten war, und der Hinblick auf die nach dem Frieden mit dem Papst und den Lombarden so großartig glanzvolle Stellung Friedrichs I. ihm die Möglichkeit einer wenigstens teilweisen Restitution weniger ausgeschlossen erscheinen lassen als bisher: als der Kaiser Pfingsten 1184 zu Mainz das herrliche Fest der Schwertleite seiner beiden ältesten Söhne feierte, soll Heinrich im Geleit des Erzbischofs Konrad von Mainz dort erschienen sein und Begnadigung zu erlangen versucht haben, jedoch vergeblich. Darauf erschien – gemäß dem Rat, den Philipp von Köln gegeben hatte – im November 1184 zu Verona am Hof des Kaisers, der dort eine Zusammenkunft mit Papst Lucius III. hatte, eine Gesandschaft Heinrichs II. von England, um für Heinrich die Erlaubnis zur Rückkehr nach Deutschland zu erbitten. Auf Fürsprache des Papstes erteilte der Kaiser dieselbe denn auch und gestattete Heinrich vom Spätsommer 1185 an seinen Aufenthalt in den ihm gelassenen Erbgütern zu nehmen.
Dass Heinrich nicht gewillt war, die Rolle einer gefallenen Größe dauernd zu spielen, wurde bald genug offenbar: aber weder die Differenzen zwischen dem Kaiser und Philipp von Köln noch die wachsende Spannung zwischen dem Reich und Dänemark gaben ihm die gesuchte Gelegenheit zur Rückgewinnung des Verlorenen. Wie wenig auch der Kaiser ihm traute, zeigte sich, als derselbe, sich zum Kreuzzug rüstend, Heinrich die Wahl stellte, entweder ihn auf der Fahrt gegen Saladin zu begleiten, oder während seiner Abwesenheit das Reich zu meiden. Heinrich wählte die Verbannung und ging Ostern 1189 von seinen Söhnen begleitet – während die Herzogin in Deutschland blieb und am 28. Juni 1189 zu Braunschweig starb – zum zweitenmal nach der Normandie, wo er kurz vor dem Tod seines Schwiegervaters (gest. 9. Juli 1189) eintraf. Der unruhige Abenteuersinn seines nun den englischen Thron besteigenden Schwagers Richard I. ließ Heinrich eher als bisher eine Förderung seiner Pläne hoffen.
Die Abwesenheit des Kaisers, Heinrichs VI. bevorstehender Zug nach Sizilien, die Feindschaft Dänemarks gegen Deutschland, die allgemeine Erregung gegen die durch die gehoffte sizilische Krone allzugewaltig aufsteigende Macht des staufischen Hauses, welche von Rom aus eifrig genährt wurde, die allgemeine Gährung in Sachsen, alles das schien dem Unternehmen Heinrichs einen sicheren Erfolg zu verheißen. Schon um Michaelis 1189 landete Heinrich wieder in Deutschland: von Erzbischof Hartwig II. von Bremen unterstützt, fasste er schnell im östlichen Sachsen festen Fuß. Von der Grafschaft Stade aus eroberte er den größten Teil Holsteins und zerstörte das seit Lübecks Aufsteigen gesunkene Bardowick; Lübeck öffnet ihm die Tore: dann aber trat ein plötzlicher Stillstand ein. Denn in unerwarteter Energie trat König Heinrich VI., von allen denen, die durch eine Restauration des Welfen zu verlieren fürchten mussten, kräftigst unterstützt, der welfischen Erhebung entgegen und die anfänglich gewonnenen Erfolge gingen bald wieder verloren. Da nun Dänemark schließlich doch untätig blieb, der Erzbischof von Bremen nach England fliehen musste, von Richard von England aber, zu dem Heinrichs ältester Sohn Heinrich nach Südfrankreich geeilt war, die erbetene Hilfe nicht zu erlangen war, so musste Heinrich endlich im Sommer 1190 zu Fulda einen wenig vorteilhaften Frieden mit dem König eingehen: Braunschweig wurde entfestigt, die starke Lauenburg geschleift, des Herzogs Söhne Heinrich und Lothar wurden als Geiseln in die Hand des Königs gegeben; dagegen erhielt Heinrich den Besitz von Braunschweig und Lüneburg bestätigt und die Hälfte der Einkünfte von Lübeck wurde ihm überlassen. Noch einmal aber eröffnete sich nicht lange danach Heinrich die Aussicht auf Wiedergewinnung seiner einstigen Machtstellung.
Während Heinrich VI. das Erbrecht seiner Gemahlin Konstanze verfechtend vor Neapel lag, entstand jene große Fürstenverschwörung, welche die Mehrheit der geistlichen und weltlichen Fürsten des Reiches, dann Richard I. von England, Knut VI. von Dänemark u. a. umfasste und der Papst Coelestin III. tatkräftig Vorschub leistete. Aus dem Lager des Kaisers vor Neapel fliehend, eilte Heinrichs Sohn Heinrich nach Rom, erhielt dort (5. August 1191) ein päpstliches Privilegium bewilligt, nach dem gegen Heinrich und dessen Söhne Niemand als der Papst selbst den Kirchenbann sollte aussprechen dürfen, und kam dann nach Deutschland, wo inzwischen sein Vater mit dem aus dem Morgenland heimgekehrten Adolf III. von Schauenburg, dem Grafen von Holstein, in wütender Fehde lag. Aber so glänzend diesmal die Aussichten der Welfen gewesen waren, der Verlauf des Kampfes entsprach denselben nicht. Die schnelle Heimkehr Heinrichs VI., die Umsicht und Energie, womit derselbe den drohenden allgemeinen Aufstand hinzuhalten wusste und endlich die Gefangennahme Richards von England und die Auslieferung desselben an den Kaiser, der damit das Haupt der gegen ihn gestifteten Verschwörung in seine Gewalt bekam, durchkreuzten alle Berechnungen und vereitelten die Entwürfe des Welfen und seiner zahlreichen und mächtigen Bündner.
Die Bedingungen, welche Richard von England bei seiner endlichen Freilassung (Juni 1193) Heinrich VI. zugestehen musste, schnitten Heinrich auch die letzte Hoffnung ab: zwei von den Söhnen des Herzogs, Otto und Wilhelm, kamen als Geiseln in des Kaisers Hand und wurden von demselben im strengsten Gewahrsam gehalten. In seinen Entwürfen getäuscht, grollend zog sich Heinrich auf seine Burg nach Braunschweig zurück. Erst als die Vermählung seines ältesten Sohnes Heinrich mit der Tochter des Rheinpfalzgrafen Konrad, eines Onkels Kaiser Heinrichs VI., (1193) seinem Hause nach einer anderen Seite hin unerwartete Aussichten zu neuem Aufsteigen eröffnete, wurde wenigstens eine Versöhnung mit den Staufern angebahnt. Im Februar 1194 sollte eine Begegnung mit Heinrich VI. zu Saalfeld stattfinden; auf dem Wege dorthin aber stürzte Heinrich bei Nothfelden mit dem Pferde und musste im Kloster Walkenried seine Genesung abwarten; im März 1194 fand die Zusammenkunft dann zu Tilleda am Kyffhäuser statt: Heinrich wurde von Heinrich VI. zu Gnaden angenommen; von einer Wiederherstellung konnte natürlich nicht die Rede sein; sein ältester Sohn Heinrich sollte den König auf dem neuen Zug nach Italien begleiten, wogegen ihm die einstige Nachfolge in seines Schwiegervaters, des Rheinpfalzgrafen, Land verheißen wurde; Otto und Wilhelm blieben in Haft. – Seitdem lebte Heinrich in stiller Zurückgezogenheit in seinem Schloss zu Braunschweig, in der Sorge für die von ihm gestifteten Klöster und Kirchen und in der Beschäftigung mit den alten Sagen und Liedern seines Volkes; von den ihn umgebenden Geistlichen stand ihm namentlich Probst Gerhard von Stederburg nahe.
Allmählich begannen seine Kräfte zu schwinden: seit dem 1. April 1195 verließen in heftige Schmerzen nicht mehr; am 6. August 1195 starb er. In dem St. Blasiusdom zu Braunschweig, seiner Lieblingsstiftung, wurde er beigesetzt, an der Seite seiner ihm vorausgegangenen Gemahlin Mathilde (gest. 28. Juni 1189). Die Steinbilder, welche das Doppelgrab zieren und vermutlich gleichzeitig, vielleicht noch zu Lebzeiten des Herzogs gemacht sind, stellen Heinrich als Gründer des Blasiusdoms selbst dar: auf der Rechten trägt er ein Abbild desselben, während die Linke das Schwert hält.
Aus der ersten Ehe Heinrichs mit Clementia von Zähringen stammten eine Tocher Getrud, in erster Ehe mit Friedrich von Rotenburg, dem Sohn Konrads III. (gest. 1167), in zweiter mit Knut VI. von Dänemark vermählt, und ein Sohn Heinrich, der in früher Kindheit durch einen unglücklichen Fall umkam; aus seiner Ehe mit Mathilde von England die mehrfach erwähnten vier Söhne Heinrich, Lothar (gest. 1195), Otto (später deutscher König), und Wilhelm. Außerdem wird noch eine illegitime Tochter Heinrichs als Gemahlin des pommerschen Fürsten Boremin erwähnt.
Quelle: Hans Prutz
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