Ausfall
Ausfall, eine Operation des Belagerten, wo derselbe einen Teil der Besatzung aus der Festung schickt, um dem Belagerer irgend einen Schaden zuzufügen. Man unternimmt dergleichen Ausfälle:
1) Vor der Eröffnung der Laufgräben, und gegen bloße Einschließungskorps. Hat man hierbei bloß den Zweck, Lebensmittel herbei zu treiben, oder Vorräte von anderen Sachen in die Stadt zu schaffen, so wird gewöhnlich die Stärke des Detachements nicht sehr bedeutend zu sein brauchen, und es kommt alles darauf an, seinen Vorsatz so unvermutet und rasch als möglich auszuführen. Will man aber dadurch gänzlich den Feind von der Festung vertreiben, so wird man schon stärker sein müssen, und ihn unvermutet an mehreren Orten heftig angreifen. Einzelne Trupps werden besonders dazu bestimmt, die Depots und Magazine des Feindes zu zerstören; vorzüglich wichtig ist ein solcher Ausfall in dem Augenblick, wo das Belagerungsgeschütz und die Munitionskolonnen ankommen; er kann oft die gänzliche Aufhebung der Belagerung zur Folge haben, wenn er gut gelingt.
2) Während Eröffnung der Laufgräben, um die Arbeiter zu vertreiben, und die angefangenen Tranchéen wieder zuzuwerfen. Diese Ausfälle werden kurz vor Tagesanbruch, mit 1500 bis 2000 Mann unternommen, denen mehrere Abteilungen von Arbeitern folgen. Man ist hierbei auf die gehörige Deckung der Flanken, und die Unterstützung der angreifenden Truppen, welche in mehreren Kolonnen über den Feind herfallen, aufmerksam. Sobald der Feind aus den angefangenen Werken verjagt ist, sucht man dieselben einige Zeit lang zu behaupten, wobei einige Feldgeschütze mit reitenden Artilleristen höchst vorteilhaft sind; während dieser Zeit werfen die Arbeiter die Erde wieder in die Gräben, worauf man sich nun mit aller Ordnung wieder unter die Kanonen der Festung zurückzieht. Versucht man dergleichen Ausfälle alle Nächte, so wird dies den Feind sehr aufhalten, und ihn wohl endlich zwingen, seine erste Parallele weiter von der Festung ab anzufangen; da bald nach dem Rückzug unserer Truppen der Tag bereits völlig angebrochen ist, so wird es dem Feind unmöglich sein, die zerstörten Arbeiten wieder herzustellen.
3) Nach Errichtung der Batterien, sobald diese uns anfangen schädlich zu werden, unternimmt man einen starken Ausfall, um dieselben zu zerstören; hierbei muss man den Truppen ebenfalls einige leichte Feldgeschütze zu ihrer Unterstützung mitgeben; außerdem sind eine Anzahl Leute dazu bestimmt, die Geschütze zu vernageln, oder sonst unbrauchbar zu machen; noch besser ist es, wenn man Pferde mitgebracht hat, um sie ganz wegzuführen; ferner um die Tranchéen zuzuwerfen, die Batterien niederzureißen, die Schanzkörbe, Faschinen, Bettungen und Pulverkammern in Brand zu stecken, usw.
4) Um einem anrückenden Entsatzkorps die Hand zu bieten, oder sonst mit in der Nähe befindlichen Truppen gemeinschaftlich gegen den Feind zu agieren. Hierbei kann man öfters ⅓, die Hälfte, ja noch mehr von der Besatzung ausrücken lassen, und man geht dann gerade dem Hilfskorps entgegen, wodurch die auf dieser Seite der Festung stehenden feindlichen Truppen zwischen zwei Feuer kommen, und wahrscheinlich aufgerieben werden.
5) Auf die Teten der Sappen macht man kleine Ausfälle, mit 40 bis 60 Mann, denen ungefähr 100 Mann Arbeiter folgen. Das Geschütz und die Infanterie, welche sonst immer während der Nacht gefeuert, unterhalten ein lebhaftes Feuer mit Patronen ohne Kugeln, oder sie richten die Geschütze und Gewehre hoch, während sich die Ausfallenden unbemerkt an die Sappen heranschleichen und die Schanzkörbe niederreißen und verderben.
6) Auf die Minengänge, wobei man ganz wie vorher verfährt, die feindlichen Arbeiten so viel als möglich zerstört, und Dampf- und Stinkkugeln, so wie geladene Bomben in die Minengänge und Brunnen wirft.
7) Ausfälle auf die Logements auf dem Glacis, in der Bresche usw., ebenfalls um die feindlichen Arbeiten zu zerstören. –
Alle diese Ausfälle unternimmt man gewöhnlich des Nachts, ungefähr 2 Stunden vor Tagesanbruch; sind die Nächte lang, so kann man den Feind mehrmals in einer Nacht beunruhigen; der letzte Ausfall gegen Morgen ist der stärkste, und wird um so vorteilhafter für uns werden, als die feindlichen Truppen sich jetzt sicher glauben, und das sie noch nicht abgelöst, und von den Anstrengungen der Nacht ermüdet, leichter überfallen werden können. Bei den großen Ausfällen greift man immer in mehreren Abteilungen an, und während der Feind an einigen Orten des falschen Angriffs hinlänglich beschäftigt wird, dringt man an einem anderen Ort durch.
Große Ausfälle unternimmt man auch bei Tage, wo sie oft um so unerwarteter sind; doch nicht vor Beendigung der feindlichen Batterien. Kurz vorher macht man, sowohl bei Tage als bei Nacht, ein heftiges Feuer auf den Feind, welches ihm nicht auffallen kann, wenn er öfters damit heimgesucht wird. Wenn die Truppen zum Angriff kommen, schweigen aber unsere Batterien, oder feuern blind; kehren dieselben wieder zurück, so wird der verfolgende Feind von den Geschützen des Hauptwalles und vorzüglich der Außenwerke nachdrücklich abgewiesen.
Sind die ersten Arbeiten des Feindes sehr weit von der Festung entfernt, so darf man keine Ausfälle auf dieselben wagen; es sei denn, dass man eine starke Besatzung, oder andere besondere Ursachen dazu hat, oder dass wir einem in der Nähe befindlichen Armeekorps die Hand bieten wollen. Die beste Zeit, Ausfälle zu unternehmen, ist, wenn der Belagerer noch ungefähr 100 Schritt vom Glacis entfernt ist, weil man ihm hier rascher auf den Hals kommen kann, der Raum für die anrückenden Unterstützungstrupps schon bedeutend enger ist, und es ihm weit schwieriger wird, die verdorbenen Arbeiten wieder herzustellen, teils wegen der Nähe und Wirksamkeit unseres Feuers, teils wegen der weiten Entfernung seiner Materieldepots. –
Die zum Ausfall bestimmen Truppen werden vorher in aller Stille in dem bedeckten Weg versammelt, und zwar auf der dem Zwecke der Expedition vorteilhaftesten Seite der Festung; für ein Soutien der mit dem Feind engagierten Truppen muss jedes Mal in dem bedeckten Wege gesorgt sein, teils um den Ausfall selbst nötigenfalls zu unterstützen, teils um zur Deckung des Rückzuges zu dienen. Sobald man dem Feinde ziemlich nahe gekommen ist, wird er unvermutet, mit dem größten Ungestüm, und mit gefälltem Bajonett, ohne zu schießen, angegriffen; der Feind wird nicht weiter verfolgt, als es unsere Absicht erfordert; der eroberte Posten aber muss so lange behauptet werden, bis der Zweck erfüllt ist. – Um den Leuten das Herauskommen aus dem bedeckten Weg bequem zu machen, hat man 10 Fuß hohe, breite Leitern; oben ist an denselben ein 4 Fuß langes Brett, im Haken befestigt, so dass, wenn man diese Leiter an die Palisaden setzt, das Brett auf der Krete des Glacis liegt, und man bequem aus dem bedeckten Wege auf das Glacis gehen kann; diese Leitern sind besser als die Ausgänge, da man sie leicht wieder wegnehmen kann.
Verteidigung der Belagerer gegen die Ausfälle
Wenn eine Festung nur eingeschlossen ist, so dienen zur Sicherheit gegen die Ausfälle der Besatzung die Feldwachen, mit ihren so weit als möglich vorgeschobenen Doppelposten, welche eine ununterbrochene Kette um die Festung herum bilden, und das Terrain vor sich bis an die Festung genau übersehen können; bei der Nacht muss es unmöglich sein, sich durch dieselben unbemerkt durchzuschleichen. Sie bestehen sowohl aus Infanterie, als aus Kavallerie; die Posten der ersteren können oft unter Benutzung eines dazu günstigen Terrains auf 300 bis 200 Schritt von dem Glacis ausgesetzt werden; wo sie nicht vor dem feindlichen Feuer geschützt sind, graben sie sich Löcher in die Erde, um sich bei Tage darin aufzuhalten; die Kavallerievedetten stehen mehrstenteils außer dem haupt der Festung, wenn das Terrain nicht ein Näherung erlaubt. In der Nacht schiebt man über die bei Tage gehaltene Kette noch Posten hinaus, und setzt nötigenfalls hinter denselben Verbindungsposten aus, um gegen ein mögliches Durchschleichen des Feindes bis an die Feldwachen gesichert zu sein; auch diese rücken dann noch etwas gegen die Festung vor. Den weit vorgeschobenen Feldwachen, welche dadurch exponiert sind, gibt man noch, besonders bei der Nacht, Unterstützungstrupps, die in einer angemessenen Entfernung hinter ihnen aufgestellt werden; diese Unterstützungstrupps bestehen im ebenen Terrain aus Kavallerie, im durchschnittenen aus Infanterie. Außerdem hat man noch Haupttrupps, wenn es die Stärke des Einschließungskorps erlaubt; alle diese Trupps und Posten zusammen genommen bilden die Vorposten des Einschließungskorps gegen die Festung. Die Haupttrupps haben im Allgemeinen die Bestimmung, den vorderen Wachen als Unterstützung zu dienen, und das Vordringen des Feindes so lange aufzuhalten, bis Unterstützung vom Korps selbst ankommt. Dies bestimmt daher ihre Entfernung von den Unterstützungstrupps, das Terrain aber die Waffenart; ist das Detachement einigermaßen stark, so gibt man ihm auch Kanonen bei; die Kavallerie muss sich nach allen Seiten frei bewegen können; die Infanterie postiert sich an solchen Punkten, welche einige Haltbarkeit gewähren, so wie wo möglich zunächst den Straßen, welche aus der Festung kommen, auf Höhen, in Défiléen, Gehöften, Dörfern usw. Die Verbindung dieser Haupttrupps unter sich muss frei sein, damit sie sich auch einander selbst unterstützen können. –
Die Feldwachen melden sogleich jede feindliche Bewegung außerhalb der Festung, selbst ein ungewöhnliches Geräusch in derselben, nicht allein dem Befehlshaber ihres Haupttrupps, sondern auch zugleich den nebenstehenden Feldwachen. Ist der Feind überlegen, so ziehen sich die angegriffenen Feldwachen fechtend, und seitwärts, auf ihre Unterstützungstrupps zurück, welche ihrerseits dem Feinde entgegen gehen. Die nebenstehenden, nicht angegriffenen Feldwachen rücken vor, und gehen dem Feinde in die Flanke, während ihre Unterstützungstrupps ihre Stelle einnehmen, und wenn sich der Ausfall verlängert, eben so wie ihre Feldwachen verfahren, um wo möglich dem Feinde den Rückzug abzuschneiden, unterdessen die eigentlich angegriffenen Teile fechtend zurückgehen, oder einen vorteilhaften Posten hartnäckig verteidigen. Die Vedetten der nicht angegriffenen Feldwachen bleiben übrigens stehen, und wenn die Unterstützungstrupps der letzteren auch zum Angriff des Feindes vorgerückt sind, so bleibt wenigstens ein kleiner Trupp an der Stelle der Feldwache zurück. Ist der Ausfall nicht stark, so werden diese Bewegungen, besonders von den Seiten der Kavalleriefeldwachen, gegen die Flanken des Feindes, denselben unfehlbar zum Rückzug zwingen, wenn er nicht abgeschnitten sein will, vorzüglich in der Nacht, wo das Festungsgeschütz, so lange der Ausfall dauert, schweigen muss.
Die seitwärts manövrierenden Abteilungen der Infanterie müssen bei Nacht nicht schießen, sondern gehen dem Feinde mit dem Bajonett auf den Leib. Daher müssen die Offiziere genau mit dem Terrain bekannt sein, um sich in der Nacht zu finden, ihre Leute ebenfalls davon unterrichten, und ihnen einen Sammelplatz anzeigen. Bei Tage geschieht das Vorgehen in debandierter Linie, um nicht von dem Feuer aus der Festung zu sehr zu leiden.
Für die Haupttrupps ist es Regel, beim ersten Lärm sogleich auszurücken, und ist Kavallerie da, dieselbe sogleich dem vordringenden Feind entgegen und in die Flanke zu werfen; die Infanterie richtet sich nach den Umständen, und nimmt zum wenigsten die zurückgehenden Abteilungen auf; ein günstiger Punkt des Terrains muss so lange als möglich verteidigt werden; und es gehen dann nur so viele Trupps vor, als zur Aufnahme der geschlagenen Wachen nötig sind, wenn der Feind überlegen ist. Im Gegenteil lässt der Haupttrupp ein Detachement zur Besitzhaltung seiner Stellung zurück, und geht mit dem größten Teil vor, um den Feind zurückzutreiben. Eben so, wie die Feldwachen und Unterstützungstrupps manövriert haben, handeln auch die neben dem angegriffenen Posten stehenden Haupttrupps, indem sie gleichfalls einen Teil in der Aufstellung zurücklassen. Den Haupttrupps ist überhaupt bekannt zu machen, welchen Punkt, wenn der Feind überlegen anrückt, sie schlechterdings bis zu der vom Gros uns eintreffenden Unterstützung verteidigen müssen, nach welcher Richtung sie sich überhaupt zurückzuziehen haben, welche Abteilungen des Gros zu ihrer Unterstützung bestimmt sind, und von welcher Seite solche anrücken werden. Diese Bestimmungen sind notwendig für den Fall großer und weit ausgehender Unternehmungen von Seiten der Besatzung; es ist schon gefährlich, wenn einer der Haupttrupps geworfen ist, besonders wo entweder die ganze Besatzung, oder ein Teil derselben sich durchschlagen, oder Zufuhren in die Festung schaffen, oder unserer Transporte vernichten will, etc.; denn alsdann ist auch die Einschließungslinie durchbrochen, weil nicht hinter jedem Haupttrupp Abteilungen des Gros stehen können, und der Feind solche Punkte gerade zum Durchbruch wählen wird. –
Um die Sicherheit der Einschließungstruppen gegen die feindlichen Ausfälle, und die Verteidigungsfähigkeit des besetzten Terrains zu erhöhen, legt man Verschanzungen an, welche ehemals in den Kontravallationslinien bestanden. Da diese aber zahlreiche Truppen zur gehörigen Besatzung erfordern, und daher einen beschränkten Gebrauch und eine schädliche Verteilung der Kräfte derselben veranlassen, so ist man davon, wie überhaupt von den zusammenhängenden Verschanzungen, abgegangen. Man verschanzt sich nur auf einzelnen Punkten, die teils den beabsichtigen Angriff einer Front der Festung erleichtern, teils die Sicherheit des Einschließungskorps, durch Erhaltung der Kommunikationen usw. vermehren, teils zum besseren Abschneiden der Besatzung von einem etwa in der Nähe befindlichen feindlichen Armeekorps, usw. dienen. Die ersteren Punkte liegen dann ganz in der Nähe der Festung, und müssen also so stark als möglich verschanzt werden; die Truppen, welche alle diese Punkte zu besetzen haben, sind aber lediglich zur hartnäckigsten Behauptung derselben da. Die Schanzen auf den Vorposten haben den Zweck, den Feind eine Zeit lang aufzuhalten, bis Unterstützung vom Gros ankommt, sie müssen also geschlossen sein, oder bestehen in Blockhäusern; sie sind vorzüglich nötig, wenn die Einschließungsarmee kantoniert, und daher nicht so rasch zusammenkommen kann, als im Lager. –
Die Schanzen beim Gros haben den Zweck, gewisse Punkte in der Einschließungslinie, wo nur wenig Truppen stehen, zu verstärken, einzelne Kantonierungsquartiere der vorderen Linie vor einem nächtlichen Überfall zu sichern, oder die Verteidigungsfähigkeit der zum Sammelplatz gewählten Stellung zu erhöhen. Alle diese Schanzen sind geschlossen, und man wählt dazu gewöhnlich die Redouten; sie werden bei Tage nur durch einige Mann bewacht, und erhalten des Nachts starke Offizierpiketts.
Zu den Schanzen zur Sicherheit gegen die feindlichen Ausfälle, gehören noch die Brückenköpfe an den Gemeinschaftsbrücken. –
Ist bereits der förmliche Angriff gegen die Festung eröffnet, so sind hauptsächlich die Tranchéewachen Sicherheitsmittel gegen die feindlichen Ausfälle; ihre Stärke ist der Hälfte der Besatzung gleich, und ist viel Kavallerie in der Festung, so gibt man den Tranchéewachen ebenfalls Kavallerie bei. Diese Tranchéewachen haben nicht nur in den Laufgräben selbst Schildwachen, sondern schieben dergleichen, und besonders während der Nacht, noch näher gegen die Festung vor. Die größte Wachsamkeit und Ordnung ist hier nötig; man hat allenthalben in den Laufgräben Wassertonnen vorrätig, um das etwa angelegte Feuer zu löschen, und bei einem wirklichen Ausfalle in der Nacht, werden nach der Gegend hin Leuchtkugeln geworfen. Die Wachen auf den Flügeln der Tranchéen, treten zur Nachtzeit vor dieselben heraus, und hier gibt man ihnen besonders Kavallerie bei; man sucht sogleich mit dem Feind ins Handgemenge zu kommen, um das Feuer von den Wällen zu verhindern; zur Unterstützung der Tranchéewachen sind starke Soutiens aufgestellt; die zur Seite des Ausfalls stehenden Wachen und Soutiens gehen dem Feinde sogleich in die Flanke, und verfahren, wie es oben vorgeschrieben ist.
Der Belagerte macht seine Ausfälle gegen den förmlichen Angriff:
1) Bei der Eröffnung der Tranchéen, und besonders, wenn die erste Parallele sehr nahe angelegt wird. Die um die Arbeiter gezogene Postenkette wird die Ankunft des Feindes zeitig genug erfahren, und den vor den Arbeitern aufgestellten Wachen melden können; diese, so wie die hinten aufgestellten Soutiens, rücken sogleich dem Feinde entgegen, und suchen ihn von der Parallele abzuhalten; sollte er zu stark sein und vordringen, so greifen die Arbeiter nach ihren Gewehren, welche sie rückwärts mit dem Bajonett in die Erde gesteckt haben, und mit diesen vereinigt, wird es den Wachen wohl gewöhnlich gelingen, den Feind zurückzutreiben. Es kommt hierbei bloß auf Behauptung der Stellung vor der angefangenen Parallele an; der sich zurückziehende Feind wird daher nicht, wie überhaupt in wenigen Fällen, verfolgt.
2) Gegen die fertigen Parallelen; diese Ausfälle werden dann entweder aus dem nächsten ausspringenden Winkel, oder von einer anderen Seite der Festung gemacht. Hierbei erwartet man den Feind ruhig hinter der Parallele; ein Glied der Tranchéewache besetzt die Brustwehr der Parallele, die beiden anderen Glieder stellen sich auf dem Revers derselben auf; die Wachen in den Kommunikationsgräben, und die Soutiens werden herangezogen. Sobald der Feind in die Schussweite kommt, empfängt man ihn mit einem allgemeinen Feuer, die Flügelbatterien bestreichen die Front der Parallele der Länge nach; versucht der Feind dennoch zu stürmen, so macht man ihm den Besitzt der Parallele nicht lange streitig, und die Mannschaft hinter der Brustwehr zieht sich heraus; sie gewährt dem Feinde keine Deckung, die auf dem Revers aufgestellten Truppen erwarten ihn stehenden Fußes, und er verliert beim Hinüber- und Zurückgehen viele Menschen. Hat er aber die Absicht, die Parallele zuzuwerfen, was nicht weniger als leicht ausführbar ist, so wird er aus den Kommunikationsgräben, und von den mit dem Soutien vereinigten Tranchéewachen, in der Front mit Musketenfeuer, von den Flügelbatterien mit Kartätschen in der Flanke, auf das heftigste beschossen werden, und seine Absicht nicht erreichen. Um zu vermeiden, dass die sich zurückziehenden Tranchéewachen, nachdem sie den Feind in und hinter der Parallele erwartet haben, in Unordnung geraten, sind die verdeckt liegenden Soutiens, und die Wachen in den Kommunikationsgräben, welche sich mit einem kurzen Zickzack an die Parallele anschließen, erforderlich.
Will der Belagerte die vorgeschobenen Batterien angreifen, und so die Parallele aufrollen, so sind ihm zwei Ausfälle nötig, weil sonst eine Batterie die andere verteidigt. Deshalb kommen diese Batterien etwas von der Parallele ab, und nur in sehr günstigen Fällen in die Flügelredouten, die nur die Umgehung erschweren, und als Anlehnungspunkte dienen sollen. Diese Batterien haben aber ihre eigenen Soutiens; der Feind wird hier in einen Sturm verwickelt, wo seine Gegner gedeckt sind, und schweres Geschütz gegen ihn anwenden können, weil der Wall der Festung sie in diesem Augenblick nicht beschäftigen kann; die nebenstehenden Soutiens nehmen den Feind in die Flanke, und er wird wahrscheinlich unverrichteter Sache, mit großem Verlust zurückgehen. Verfolgt darf er nicht werden, weil das Feuer der Festung mörderisch sein würde, nachdem er seinen bedeckten Weg wieder erreicht hat.
3) Gegen die Spitzen der Sappen. Da diese Ausfälle immer nur mit geringer Mannschaft unternommen werden können, so hat man beständig hinter den Arbeitern eine Wache von angemessener Stärke, etwa 60 bis 80 Mann, bereit, welche sich in den Laufgräben aufhält, und sogleich mit dem Feind handgemein zu werden sucht.
4) Gegen die Logements auf dem Glacis. Hierbei wird der Belagerte seinen Ausfall nur von einer nebenliegenden Seite der Festung aus unternehmen können; man macht daher alle nach dem bedeckten Wege von daher führenden Wege ungangbar, damit der Feind nicht in breiter Front ankommen könne, setzt Schildwachen aus, um zeitig von seinem Anrücken unterrichtet zu werden, und hat starke Wache in dem Logement und in den Zickzacks bereit, um ihm entgegen zu gehen. Eben dies gilt von den Angriffen der Besatzung gegen die übrigen Logements auf den eroberten Werken.
Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)
Ausfall, das Hervorbrechen einer Truppe aus einer Stellung, namentlich aber Offensivunternehmungen der Besatzung einer Festung. Da in den neueren großen Plätzen stets für solche Zwecke mobile Truppen bereit sind, so haben die Ausfälle (1870/71 Paris, Metz; vgl. Festungskrieg) an Bedeutung gewonnen. Man will durch sie den Belagerer am Vorrücken des Angriffs hindern, sich Verbindungen nach dem Hinterland offen halten, Lebens- und Hilfsmittel aller Art hineinholen etc.
Im Exerzierreglement der Kavallerie ist Ausfall der in schnellster Gangart bewirkte Übergang eines Teils der Truppe aus der geschlossenen zur zerstreuten Ordnung behufs Verfolgung des Feindes od. dgl.
Ausfall in der Fechtkunst (passe) ist das schnelle Vorsetzen des rechten Fußes und der damit verbundene Angriff durch Stoß oder Hieb, beim Hiebfechten auch Vortritt genannt. Beim Stoßfechten muss das Auftreten mit dem Fuß hörbar sein, beim Hiebfechten geschieht es leise und so, dass während des Hiebes das rechte Knie gebogen und der Fuß in gerader Richtung nach dem Gegner gesetzt wird. Je schneller der Ausfall, namentlich beim Stoß ist, desto sicherer der Erfolg, wenn die Waffe gut geführt wird.
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909