Scharmützel

Scharmützel.

Scharmützel, seiner Form und seinen Zwecken nach ein zerstreutes Gefecht, welches sich bei verschiedenen Begebenheiten des kleinen Krieges ereignet, als bei Rekognoszierungen, Patrouillen, Deckung des Aufmarsches größerer Kolonnen usw. Die leichten Truppen kommen am mehrsten in den Fall, diese Gefechtsart auszuüben, und es versteht sich von selbst, dass man die Waffengattung jedes Mal dem Terrain angemessen wählt und verwendet.

Öfters entstehen die Scharmützel sehr unwillkürlich von einer oder der anderen Seite, z. B. durch das Zusammenstoßen zweier Blänker oder Patrouillen bei Untersuchung eines Ortes, Hohlweges und dergleichen. Wenn man nun die das Scharmützel anfangende Patrouille mit immer mehreren Truppen unterstützt, so breitet sich das Gefecht auf beiden Seiten immer weiter aus, bis es zu einer Schlacht gedeihen kann, wenn wir dazu geneigt sind; im Gegenteil aber hat man nur den scharmutzierenden Teil zurückzuziehen, um dem Gefecht ein Ende zu machen.

Wenn ein Detachement nicht Ursache hat, seine Anwesenheit zu verhehlen, und daher Gefechte zu vermeiden, so greift es, wenigstens bei Tage, alle feindlichen Truppen, denen es gewachsen ist, an. Um den Truppen diese Gefechte lieb zu machen, lässt man ihre beim Anfang des Gefechts meistenteils kleine Zahl so nachdrücklich unterstützen, dass sie den Feind gewiss zurückdrängen. Dieses beständige Vorgehen und immerwährende Verdrängen des Feindes erhöht den Mut der eigenen Truppen ungemein, indes sie den der Feinde schwächt; der Feind wird bei allen Gelegenheiten zurückweichen, wo er merkt, dass wir ihm an Zahl überlegen sind; aber auch wir müssen dies tun, wenn wir schwächer sind, außer es forderten gewisse wichtige Umstände oder ausdrückliche Befehle das Gegenteil. Wenn man stärker ist als der Feind, so wird es bei gehöriger Umsicht und Aufmerksamkeit nicht schwer sein, denselben zum Rückzug zu zwingen, ihm Gefangene abzunehmen, usw. Zeigt er viele Fassung, so schickt man ihm einige Abteilungen in die Flanken, um ihn zu Bewegungen zu nötigen, die wir, wenn sie uns Blößen geben, schnell benutzen.

Retiriert der Feind, und man hat irgend nur Ursache, einen Hinterhalt zu vermuten, so schickt man ihm bloß auf beiden Seiten einige Patrouillen nach, die ihn beobachten, und zu entdecken suchen, ob dieser Rückzug nur verstellt sei oder nicht; besonders im durchschnittenen Terrain ist das zu hitzige Verfolgen höchst gefährlich. Man geht daher nur mit vieler Vorsicht vor, sucht durch detachierte Abteilungen die gefährlichen Stellen zu umgehen, und auf des Feindes Flanken und Rücken zu operieren. Ist aber keine dergleichen Gefahr zu befürchten, so setzt man dem Feinde ernstlich nach, sucht ihn einzuholen und aufzureiben.

Soll man bei geringerer Stärke den Feind dennoch angreifen, so gewinnt man oft den Sieg bloß durch Schnelligkeit und Entschlossenheit, besonders wenn man eine ziemliche Anzahl Kavallerie bei sich hat; der Bajonettangriff der Infanterie ist besonders bei der Nacht von viel größerer Wirkung als das Feuer; um so besser ist es, wenn man hiermit einen Überfall verbinden kann. Ein anderes Mittel ist der Hinterhalt, besonders wenn die Truppe gemischt ist; man lässt die Kavallerie allein attackieren, und sich dann zum Schein bis an den Ort zurückziehen, wo man die Infanterie in Versteck gelegt hat; die Unordnung, in welche der Feind hier notwendig durch einen überraschenden Angriff geraten muss, wird von der Kavallerie vollendet, die sogleich umkehrt, und die Niederlage des Feindes vollkommen macht. Sollte der Feind zwar nicht an der Zahl, aber doch durch eine vorteilhafte Stellung dem Detachment sehr überlegen sein, so sucht man durch Patrouillen unbesetzte Wege aufzufinden, die in dessen Flanken und Rücken führen, beschäftigt seine Fronte durch einen Scheinangriff, und lässt ihn durch einen Teil seiner Truppen auf den entdeckten Wegen angreifen. Ist aber dieses nicht möglich, und die Eroberung des feindlichen Terrains nicht wirklich aufgetragen, so gibt man den Angriff sogleich auf, und zieht sich zurück.

Wenn man wegen Überlegenheit des Feindes oder wegen anderer Umstände bewogen ist, dem Scharmützel ein Ende zu machen, so sucht man sich dem Feind auf einmal völlig zu entziehen, und kann dies dadurch bewältigen, wenn man im durchschnittenen Terrain plötzlich einen Seitenweg einschlägt, und schnell auf demselben fortmarschiert, sich seitwärts der Straße in einem Wald, einer Schlucht, hinter einem Hügel verbirgt usw. Muss man aber nach einem abgeschlagenen Angriff den Rückzug antreten, so ist es vorzüglich nötig, bald einen großen Vorsprung zu gewinnen; die Kavallerie kann sich hierbei durch die Schnelligkeit und Ausdauer ihrer Pferde, so wie durch die nachdrücklichste Zurückweisung der zu nahe verfolgenden Feinde, retten, die Infanterie aber durch ihre Fassung, geschlossene Ordnung, Geschicklichkeit im Manövrieren und gute Benutzung eines durchschnittenen Terrains.

Wenn der Befehlshaber einer Streifpartei, indem man einer Schlacht entgegen sieht, den Befehl erhält, dem Feind während derselben allen möglichen Schaden zuzufügen, so entwirft er durch die Kenntnis der Gegend und der feindlichen Stellungen geleitet, einen Plan, um der feindlichen Armee in den Flanken, oder im Rücken zu operieren; er richtet seinen Marsch danach ein, postiert sich verdeckt, und erscheint plötzlich, während beide Armeen im Gefecht sind, da, wo der Feind am wenigsten gegen einen zweiten Angriff vorbereitet ist. Hier nimmt er alle Vorräte, Artillerieparks, Kassen usw. weg, vernichtet was er nicht fortbringen kann, und eilt nun auf einem schon vorher gewählten Weg in Sicherheit. Dies kann oft den siegenden Feind verhindern, seinen Sieg zu verfolgen und gehörig beunruhigen, den geschlagenen aber in die größte Verwirrung bringen, da man nun fortfährt, ihm allen möglichen Schaden zuzufügen.

Die Gefechte der Avantgarden, Seitendetachements usw., welche die Bewegungen einer Armee, die sich in Schlachtordnung stellt, sowie ihre Flügel decken sollen, gehören ebenfalls zu den Scharmützeln. Man umgibt sich mit Blänkern, die durch geschlossene Trupps unterstützt werden, und dem Feind unaufhörlich zusetzen; sucht der Feind die Linie der Blänker zu durchbrechen, so werfen ihn die geschlossenen Soutiens zurück. Der Befehlshaber muss dabei in allen seinen Bewegungen mit der Richtung der Armee übereinstimmen; zur Deckung der Flanken von Kavallerie, welche an durchschnittenes Terrain angelehnt sind, gehören Infanterie-Detachements, zur Deckung ihrer Fronte, leichte Batterien. Die Flügel der Infanterie, welche nicht angelehnt sind, müssen durch starke Kavallerie-Trupps unterstützt werden, welche jedem angreifenden Feind sogleich in die Flanke gehen.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Scharmützel (v. ital. scaramuccia), kurzes Gefecht zwischen kleinen Truppenabteilungen, bei dem von keiner Seite eine ernste Entscheidung gesucht wird; besonders der durch den Sicherheitsdienst herbeigeführte Zusammenstoß kleinerer Kavallerieabteilungen. Der Ausdruck Scharmützel wird jetzt in kriegsgeschichtlichen Darstellungen nur noch wenig gebraucht. Scharmutzieren, scharmützeln, plänkelnd bekämpfen.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909

Glossar militärischer Begriffe