Angriff der Festungen

Angriff der Festungen, kann auf fünf verschiedene Arten geschehen, wobei man oft von einer in die andere übergeht, nämlich: 1) Einschließung und Aushungern, Blockade. 2) Überrumpelung oder Überfall. 3) Sturm, offenbarer, gewaltsamer Angriff. 4) Einschließen, Verbrennen, Bombardement. 5) Förmlicher Angriff oder förmliche Belagerung. Von der letzteren Art soll hier die Rede sein; übrigens s. Eroberung usw.

Den förmlichen Angriff einer Festung, die förmliche Belagerung, zum Unterschied von den übrigen Arten des Angriffs, nennt man, wenn der Belagerer vermittelst zusammenhängender, verschanzter Linien, seine Truppen und Geschütz bedeckt, und dem Ort Schritt für Schritt näher rückt; wo die Artillerie durch ihr heftiges Feuer das Festungsgeschütz während dieses allmählichen Vorrückens ruiniert, und dadurch nach und nach zum Schweigen bringt; die Bekleidung der Werke niederschießt, oder sie durch Minen eröffnet, und ersteigbar macht, so dass endlich die Infanterie die zugänglich gewordenen Stellen erstürmen kann. – Man kann die bei einer förmlichen Belagerung vorkommenden Anstalten und Arbeiten in folgende sechs Zeiträume einteilen: der erste Zeitraum enthält alle zu treffende nötige Vorkehrungen zu einer bevorstehenden Belagerung; der zweite enthält das Berennen der Festung; der dritte Zeitraum fängt sich mit der Eröffnung der Tranchéen an, bis zur Beendigung der ersten Rikoschettbatterien; der vierte enthält die Arbeiten bis zu dem Fuße des Glacis; der fünfte enthält die Eroberung des bedeckten Weges, und der sechste Zeitrum fasst die völlige Eroberung der Festung in sich. Die ersten vier Zeiträume machen den Angriff aus der Ferne, die beiden letzten den Angriff in der Nähe aus.

Erster Zeitraum. Das erste Erfordernis beim dem Vorhaben, eine Festung zu belagern, ist die möglichst genaue Kenntnis des feindlichen Platzes; die davon vorhandenen Risse werden insgeheim genau geprüft, die umliegende Gegend untersucht, und danach der Entwurf zum Lager des Belagerungskorps und zu den Verschanzungen desselben gemacht. Hierauf wird die Angriffsfront, d. h. die schwächste Seite der Festung, oder diejenige, von der man sich beim Angriff den meisten Vorteil verspricht, ausgemittelt; wenn es möglich ist, so verbindet man mit dem wahren noch einige Scheinangriffe, um den Feind zu täuschen.

Man trifft nun alle Anstalten so, dass sämtliche Materialien in Überfluss da sind, um nachher während des Angriffs selbst, keine Unterbrechung zu befürchten zu haben. An Geschütz muss man mehr haben, als alle die Werke, welche gegen den Angriff agieren, aufzustellen im Stande sind, und es lässt sich hierüber nichts allgemeines bestimmen, sowohl wie über die Kaliber, weil alles zu sehr von Umständen abhängt; wenigstens ein Drittel bis 25 muss aus Wurfgeschütz bestehen, von denen wieder eine größere Anzahl von Mortieren erforderlich ist. Alle diese Geschütze heißen das Belagerungsgeschütz; außerdem müssen aber auch noch einige Batterien Feldgeschütze vorhanden sein, welche man sowohl den Ausfällen der Belagerten, als auch einem etwaigen Entsetzungskorps, entgegenstellen kann, und beinahe auf jedes Geschütz eine Vorratslafette.

An Munition rechnet man auf jedes Geschütz wenigstens 1000 Schuss, welche in manchen Fällen noch nicht hinreichend sein werden; von den Kartätschen wird man weniger, als im freien Felde gebrauchen, und auch denen vom größeren Kaliber den Vorzug geben; das Brandgeschoss wird aber in größerer Anzahl nötig sein, besonders wenn einzelne Umstände einen glücklichen Erfolg versprechen. Da übrigens der Munitionsbedarf immer sehr ansehnlich sein wird, so muss man jede Ersparnis berücksichtigen, welche sich anwenden lässt. Für die Mineurs rechnet man auf 5 bis 600 Zentner Pulver, und schafft deren sämtliches Arbeitszeug herbei; eben so alle Handwerkszeuge für das anzulegende Feldlaboratorium, einige Feldschmieden mit allem Werkzeug und einem Vorrat an Eisen, eine Rademacherei mit Vorrat von Holz, einige Hebezeuge, endlich das nötige Schanzzeug, als 5 bis 6000 Schippen und 1500 bis 2000 Hacken, einige hundert Äxte, 4 bis 500 Beile, 30 bis 40 Holzsägen, 50 bis 60 Handsägen, 100 bis 150 Würger, 150 Faschinenmesser, 100 eiserne Keile, 20 bis 40.000 Sandsäcke, 20 bis 30.000 Faschinen, 5000 Körbe, 2000 Weeden, 200.000 Pfähle von verschiedener Länge etc.

Der Transport aller dieser Gegenstände wird eine große Anzahl von Wagen erfordern, wenn er nicht zu Wasser geschehen kann; über das Fortschaffen des Belagerungsgeschützes, s. Bespannung; auf einen Wagen mit 4 Pferden kann man nicht gut mehr als 1500 Pfund Kugeln laden. –

Nächst der Infanterie und Kavallerie, welche teils zur Deckung der Belagerung überhaupt, teils zur Ausführung der Arbeiten, und endlich zum Stürmen gebraucht wird, ist zur Bedienung der Geschütze, und zur Fertigung der Munition, eine bedeutende Anzahl Artilleristen notwendig, welche sich dadurch am besten bestimmen lässt, wenn man die größte Anzahl der Geschütze, die zu gleicher Zeit in Tätigkeit kommen werden (welches nach Vollendung der Batterien der zweiten Parallele stattfinden wird) mit 10 multipliziert. Diese Berechnung gründet sich darauf, dass man im Durchschnitt 2 Artilleristen für jedes Geschütz rechnet, welche in 3 Ablösungen 6 Mann gibt; die noch übrigen 4 Mann dienen zum Ersatz der Kranken, Verwundeten, und zur Arbeit. Da jedoch sowohl zur Bedienung der Geschütze, als zur Vollführung der häufigen Arbeiten, diese Anzahl noch nicht hinreichen wird, so begnügt man sich, nur die Hauptnummern der Artilleristen zu besetzen, und eine eben so große Anzahl der anderen Truppen, der Artillerie als Handlanger beizugeben. Sämtliche Mannschaft wird dann, wo möglich, so abgeteilt, dass der Soldat einen Tag in den Batterien, den zweiten Tag auf Arbeit ist, und den dritten Tage Ruhe hat. – Alles dies richtet sich jedoch nach den im Heer üblichen Einrichtungen. Im Allgemeinen rechnet man die Belagerungsarmee 4 bis 5 Mal so stark, als die Besatzung der Festung.

Der Artilleriepark muss auf einem solchen Platz aufgestellt werden, dass er von den feindlichen Geschossen nicht erreicht werden kann. Da er jedoch auch nicht zu entfernt von den Orten sein darf, wo die Geschütze gebraucht werden, so sucht man seine Sicherheit mehr dadurch zu bewirken, dass er durch die Beschaffenheit des Terrains selbst gedeckt ist, als dass man ihn von der angegriffenen Seite zu weit ablegt; Vertiefungen, Dörfer, große Gebüsche werden den verlangten Zweck am besten begünstigen. Nächstdem muss aber auch berücksichtigt werden, dass der Artilleriepark nicht auf einen feuchten Boden zu stehen komme, wo die Beschaffenheit der Fahrzeuge leidet, noch weniger aber auf Plätze, welche überschwemmt werden können. Auch muss er vor zufälliger Gefahr geschützt sein, und darf sich also nicht zu nahe an bewohnten Orten befinden. Die Geschütze werden in einer, oder in mehreren Reihen so aufgefahren, dass die Kaliber einerlei Art auch neben einander stehen, und jedes einzelne Geschütz leicht abgefahren werden kann. Hinter dem Geschütz stehen in anderen Reihen die übrigen Fahrzeuge, z. B. die ledigen Sattelwagen, die Munitionswagen, die Transportwagen aller Art, und die Maschinen. –

Nicht zu weit vom Park wird die Hauptwerkstätte eingerichtet, um alle nötigen Ausbesserungen vorzunehmen; kann man hierzu ein Dorf benutzen, so werden Bretterschuppen aufgerichtet; nächst den Schmieden, Stellmachern, Zimmerleuten, Schlossern und Drechslern sind auch die Büchsenmacher unentbehrlich. – Das Laboratorium wird noch weiter entfernt vom Park, und besonders von den mit Feuer arbeitenden Handwerkern, eingerichtet; denn dahin kommen mehrere Magazine zur Aufbewahrung des Pulvers und der fertigen Munition. Für das erstere baut man ebenfalls Bretterschuppen, zu den letzteren wählt man solche Häuser, welche eine sichere und trockene Aufbewahrung des Pulvers gewähren, z. B. die Kirchen oder andere massive Gebäude. Es bleibt dabei eine Hauptregel, dass man nie zu viel Pulver oder Munition an einem Orte anhäuft, um im Fall eines Unglücks nicht einen zu großen Verlust zu veranlassen. –

Zweiter Zeitraum. Dieser begreift das Berennen der Festung. Sind die Vorarbeiten zur Belagerung so weit gediehen, dass nach erfolgter Umzingelung des Platzes die vorzunehmenden Belagerungsarbeiten aller Art ununterbrochen fortgesetzt werden können, so wird aus den zur Belagerung bestimmten Truppen ein Berennungskorps gebildet, welches die vorläufige Umzingelung ausführt. Dieses marschiert, mit der größten Vorsicht, so geschwind und zugleich so heimlich als möglich voraus, und sucht einige Stunden vor Tagesanbruch auf den festgesetzten Punkten vor dem Platze einzutreffen, um die Umzingelung gleichzeitig und überraschend auf allen Seiten ins Werk zu setzen. Es vernachlässigt keine Maßregel, wodurch die Besatzung von ihren äußeren Hilfsquellen und Verbindungen abgeschnitten wird, verhindert nach Kräften die Zerstörung aller dem Belagerungsheere nützlichen Gegenstände, und sucht Gefangene von der Besatzung zu machen, um Nachrichten einzuziehen. Übrigens s. Berennen und Einschließen.

Dritter Zeitraum. Nachdem die Angriffsfront ausgemittelt ist, werden die Tranchéen eröffnet, und zwar bei der ersten Parallele auf 700 bis 1000 Schritt. Kann man gleich mit der zweiten Parallele anfangen, so ist dies sehr vorteilhaft, und spart Zeit und Menschen. Um den Feind zu täuschen, und die Entdeckung der Arbeiter zu verhindern, ist es notwendig, alle Vorbereitungen seiner Beobachtung zu entziehen, daher wählt man auch immer die Nacht dazu. So wie es dunkel geworden ist, und nachdem die bestimmten Arbeiter in der größten Stille versammelt und mit Handwerkszeug versehen sind, wird zuerst das Tracieren der Tranchée vorgenommen; die Arbeiter haben ihre Gewehre bei sich, und ihre Patronen in ihren Kleidungsstücken versteckt, um einem etwaigen Überfall des Feindes während der Arbeit begegnen zu können; jeder ist mit einem Spaten versehen; Hacken, um sie, wo es nötig ist, auszuteilen, sind ebenfalls bei der Hand. Das Tracieren, besonders in einer nahen Entfernung von der Festung, geschieht am besten mit der Tracierschnur, weil das Herbeitragen der Tracierfaschinen mehr Geräusch verursacht, und beschwerlicher ist. Der Tracierende, dem das Terrain genau bekannt ist, befestigt die Schnur am Anfang der aufzuwerfenden Linie, und schreitet dann in der Richtung derselben fort, indem er die in der Hand habende Leine, an welche immer neue geknüpft werden, ablaufen lässt. Die Leute, welche das Erforderliche dazu nachtragen, kriechen in der größten Stille nach, und bleiben ruhig auf der Schnur liegen, so wie sie ihren Vorrat abgegeben haben, alle 10 bis 12 Schritt wird ein Pfählchen an die Schnur befestigt, und in die Erde gedrückt. Sowie der Tracierende ungefähr 100 Schritt entfernt ist, werden auch sogleich die Arbeiter aufgestellt, welchen den Spaten in der Linken, das Gewehr in der Rechten und tief halten, und weder Tschakos noch Bandeliere, Patronentaschen und dergleichen bei sich haben. Sie marschieren in einer Reihe hinter einander bis an den Anfang der Schnur hin, und schwenken einzeln, auf zwei Schritt von einander, an der Schnur ein, wo sie sogleich zu arbeiten anfangen. Diejenigen Mannschaften, welche auf diese Art auf dem anderen Ende der Tranchée übrig bleiben sollte, wird sogleich in die Mitte verteilt, wo vielleicht Lücken entstanden sind. Alles Geräusch wird so viel als möglich beim Arbeiten vermieden, und die Arbeiter stecken ihre Gewehre einige Schritte hinter sich, mit dem Bajonett in die Erde. Außerdem werden zur Deckung der Arbeiter so viele Bataillons gegeben, als 1000 Mann in der Festung sind, und die sich hinter den Arbeitern aufstellen, wenn man der Festung sehr nahe ist; doch postiert man auf 20 Schritt vor die Arbeiter einzelne Züge, welche sich daselbst ruhig niederlegen, und eine Kette von Doppelposten dicht bei sich aufstellen; nur bei großer Entfernung von der Festung stellt man diese Wachen bis auf 100 und 200 Schritt vor den Arbeitern auf; ist die Besatzung schwächer als 3 bis 4000 Mann, so darf man sich bloß darauf beschränken, die Bedeckung der Arbeiter so stark zu geben, dass die Ausdehnung der Parallele gehörig gesichert ist.

Bis zum Anbruch des Morgens müssen die Arbeiter so weit vorrücken, dass sie in den Tranchéen völlig gedeckt sind, und dass letztere die vorher zur Unterstützung aufgestellten Bataillone aufnehmen können, welche nun den Namen Tranchéewacht erhalten, und alle 24 Stunden abgelöst werden. Sämtliche Tranchéewachten stehen unter einem Stabsoffizier du jour, der täglich kommandiert wird; ein anderer Stabsoffizier hat aber während der Dauer der ganzen Belagerung die Oberaufsicht über die innere Ordnung in den Tranchéen, und heißt Tranchéemajor. –

Die Arbeit der ersten Nacht besteht also in der Eröffnung der ersten Parallele (welche man so nahe als möglich, selbst bis auf 300 Schritt von der Festung anlegt, und dadurch sogleich zur zweiten Parallele übergehen kann), und der Kommunikationsgräben mit dem Lager und den Materialdepots; außer diesen wirft man zugleich die Flügelbatterien auf, welche die Front der Parallele der Länge nach bestreichen; erlauben es die Kräfte des Belagerungskorps, so errichtet man rings um die Stadt in derselben Nacht noch einige Batterien, welche einige Soutiens erhalten, den Feind von allen Seiten beunruhigen, und durch ihr Feuer mit Anbruch des Tages, das feindliche Feuer auf sich und von der Parallele abziehen; sobald die Parallele die gehörige Breite hat, kann man noch einige Mortiere hineinbringen, um die nächsten Punkte zu bewerfen. – Den Tag nach Eröffnung der ersten Parallele werden die eigentlichen Belagerungsbatterien abgesteckt, und in der folgenden Nacht gebaut; dies sind nämlich, wenn dieselben über 600 Schritt von der Festung entfernt sind, die Rikoschett-, Enfilier- und Wurfbatterien; sollen auf den Flügeln der Parallele nicht nur Batterien, sondern auch besondere Werke, als z. B. Redouten, erbaut werden, so geschieht auch dies in der zweiten Nacht; die Demontierbatterien kommen nur dann in diese Parallele, wenn sie nicht über 400 Schritt von der Festung entfernt ist. (Siehe die einzelnen Batterien, so wie auch im Allgemeinen Belagerungsbatterie).

Vierter Zeitraum. Während nun diese Batterien die Stadt und die feindlichen Werke beschießen, geht man mit der Sappe näher an die Festung heran, und eröffnet auf 400 bis 300 Schritt die zweite Parallele, ganz in derselben Art, wie die erste; dies wird gewöhnlich in der vierten Nacht geschehen können, und sie erhält vorzüglich die Wurf- und Demontierbatterien. Die Enfilier- und Rikoschettbatterien bleiben am besten in der ersten Parallele, und man legt sie auch weiter zurück, wenn man gleich mit der zweiten Parallele angefangen hat. Die Batterien dieser Parallele werden in der fünften Nacht ganz beendigt. Man geht nun mit neuen Sappen weiter gegen das Glacis der Festung vor, errichtet am Fuß desselben die dritte Parallele, welche in der siebten Nacht zu Stande kommt, und vertreibt von hier aus den Feind durch Steine und kleine Bomben aus dem bedeckten Wege. Hat die Festung ein Minensystem, so sucht man dasselbe durch Angriffsminen zu zerstören, wodurch freilich die Eroberung des bedeckten Weges sehr aufgehalten wird.

Fünfter Zeitraum. Kann man das Feuer der Belagerten nicht zum Schweigen bringen, so errichtet man auf der Krete des Glacis die vierte Parallele, oder das Logement auf dem Glacis, und geht mit der bedeckten Sappe dahin vor, welches in der neunten Nacht zustande kommen kann; die hier angelegten Tranchéereiter bestreichen den bedeckten Weg der Länge nach, worauf man denn in der elften Nacht, nachdem der Feind aus demselben vertrieben ist, ein Logement daselbst anlegen, und mit dem Bau der Breschebatterien anfangen kann. Ist aber das feindlichen Feuer schon ziemlich zum Schweigen gebracht, so macht man ein heftiges Feuer auf den bedeckten Weg mit kleinen Bomben, und stürmt denselben in der Nacht, worauf augenblicklich das Logement fertig gemacht wird.

Sechster Zeitraum. In der 13. Nacht wird man mit dem Anlegen der Bresche- und Kontrebatterien, wovon immer eine neben der anderen liegt, fertig sein können, und fängt nun gleich, während des Brescheschießens mit dem Bau der Descente an. In vier Tagen kann man mit der Eröffnung einer ziemlich großen Bresche zustande kommen; des Nachts feuert man mit Kartätschen nach dem angegriffenen Bastion, damit der Feind nicht arbeiten kann. Ist die Bresche gelegt, und die Descente fertig, so stürmt man in der Nacht die Bresche, indem man die Grabenpassage anlegt, besonders in einem nassen Graben, und wenn die Flanken noch nicht demontiert sind, auch in einem trockenen Graben; doch kann man im letzteren Falle auch ohne eine förmliche Passage stürmen. Gewöhnlich hat man mehrere Breschen gelegt, welche zu gleicher Zeit angegriffen werden; den Stürmenden folgen einige Bataillons, um die eroberten Werke zu behaupten. Sind aber Abschnitte da, und kann man sie nicht mit Sturm einnehmen, so errichtet man ein Logement in der Bresche, und sichert sich die Kommunikation über den Graben durch eine bedeckte Sappe. In der Bresche werden dann von Neuem Batterien errichtet, und die Abschnitte beschossen, bis man auch diese erstürmen kann, und nun die Festung erobert.

Die hier angegebene Zeit, während welcher die Belagerung beendigt werden kann, wird natürlich sehr verlängert, wenn man mit Kontreminen zu kämpfen hat, und wenn man erst vor dem angegriffenen Bastion gelegene Außenwerke, als eine Kontregarde, Ravelin und dergleichen erobern muss. (Alles übrige zu wissen Nötige findet man unter den einzelnen Artikeln; s. auch Angriff der Festungswerke). Um die Belagerung zu beschleunigen, eröffnet man häufig die Laufgräben an zwei Orten, wodurch die Arbeit des Feindes, sein Feuer usw. verteilt, und seine Kräfte schneller erschöpft werden. Liegen diese Angriffe bei einander, so können sich sich vielleicht gegenseitig unterstützen; wenn man auch zuletzt den einen Angriff nicht weiter führt, so hat doch der Feind nur halb so viele Vorkehrungen gegen den anderen treffen können. Man muss den Angriff, wo möglich, auch auf die Nebenpolygone ausdehnen, und gegen ihre Ravelins Demontier-, gegen ihre Waffenplätze aber Mortierbatterien aufwerfen. Man muss so viel Breschen als möglich anlegen, und die Stadt selbst durch Bomben und glühende Kugeln heimsuchen, die etwaigen Magazine zerstören etc. Kann man dem Feinde das Wasser nehmen, so hat man alles gewonnen; hat er wenige Munition, so muss man ihn durch unbedeutende, weit entfernte Batterien zum starken Feuern verleiten. Versprechungen und Bedrohungen muss man jedes Mal versuchen, besonders nach Eroberung des Glacis, und nach einem vorherigen starken Feuer. – Hat man bereit die Bollwerke einer Festung erobert, so wird der Kommandant sich schwerlich noch länger verteidigen; es sei denn, dass er noch allemal einen sicheren Rückzug in eine Zitadelle bei der Stadt, oder aus einem Tore offen habe. In einem solchen Falle wird man die Stadt selbst noch stürmen müssen, und hierbei ist es nicht ratsam, gleich nach der Ersteigung der Bresche mit dem Feinde zugleich in die Stadt zu dringen, sondern man legt lieber erst tüchtige und geräumige Logements auf den eroberten Werken an, und stürmt erst nachher die Stadt, wobei man der Besatzung den Rückzug nach der Zitadelle abzuschneiden sucht, die man dann ebenfalls förmlich belagert, oder aushungert; im letzteren Falle wird man Niemanden hindern, sich in die Zitadelle zu flüchten. –

Gewöhnlich kommt aber vor der Erstürmung der Bresche die Übergabe der Festung durch Vergleich zu Stande, noch häufiger bei Errichtung der Breschebatterien, weil im ersten Falle der Belagerer weniger geneigt sein wird, sich in einen Vergleich einzulassen, sondern nun die angefangene gewaltsame Eroberung fortsetzt. Sobald ein solcher Vergleich zu Stande gekommen ist, werden sogleich die Tore und die Breschen vom Belagerer auf der einen Seite besetzt, und Offiziere in die Stadt geschickt, welche die Festung, die Geschütze und Munition übernehmen (s. Kapitulation). Nachdem eine Festung erobert worden ist, müssen sogleich die Laufgräben wieder zugeworfen, und die demontieren und eingeschossenen Werke wieder hergestellt werden. –

Gegen eine Bergfestung wird man selten die hier angegebenen Angriffsmaßregeln anwenden können; man sucht sie daher von nahe gelegenen Anhöhen zu beschießen, oder steckt durch Bomden ihre Magazine und Wohngebäude in Brand, legt Minen an, und sucht wenigstens durch dieselben den Kommandanten zu schrecken. Hilft dies alles nicht, und werden selbst nächtliche Überfälle abgeschlagen, so muss man sich damit begnügen, die Festung einzusperren.

Ist eine Festung mit Morästen umgeben, und man will sie förmlich angreifen, so ist der Batteriebau höchst beschwerlich, und man verfährt dann, wie es unter Tranchée, Sappe, Batteriebau etc. angegeben ist; öfters kann man das Wasser ableiten, oder man erwartet den Winter; eben so, wenn die Festung mit fließendem Wasser, oder Überschwemmungen umgeben ist, wo man die Schleusen zu verderben sucht, oder schwimmende Batterien anlegt, wenn das Wasser tief genug ist. Das Verfahren zum Bau der Batterien, Tranchéen etc., wenn keine Erde, sondern felsiges Terrain da ist, findet man ebenfalls unter den benannten Artikeln.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Glossar militärischer Begriffe