Verteidigung der Festungswerke

Verteidigung der Festungswerke, bei einer förmlichen Belagerung (man findet hier nur dasjenige, was unter Verteidigung der Festung nicht bereits angeführt ist).

1) Der bedeckte Weg. a) Wenn er ohne Minen, und besondere Verstärkung ist. Will der Feind bloß durch sein Feuer den bedeckten Weg erobern, so sucht man sich durch die Traversen und Blockhäuser so viel als möglich zu decken, und macht Ausfälle auf die feindlichen Werke, um dieselben, und ihre Batterien, vorzüglich aber die Tranchéereiter, zu zerstören. Gegen den gewaltsame Angriff dienen besonders die Palisaden, und das Feuer der Blockhäuser in den Waffenplätzen; die Kehle dieser Waffenplätze wird mit einem Abschnitt von Palisaden, Tambour genannt, versehen, wodurch der Rückzug der Besatzung gedeckt wird. Bei Tage wird der bedeckte Weg nur schwach besetzt, um die Mannschaft dem Feuer nicht zu sehr auszusetzen; des Nachts stellt man aber die Leute 2 Mann hoch hinter die Palisaden der Brustwehr, und erwartet den Feind stehenden Fußes, wobei man jedoch immer sein Augenmerk auf den sicheren Rückzug der Mannschaft richtet. Die Infanterie hat Patronen, von welchen jede 3 Stück ¾lötige Kugeln enthält, oder deren 1½lötige Kugel in mehrere Teile gehackt ist.

Sobald der Angriff erfolgt ist, so werden Leuchtkugeln geworfen; muss die Besatzung endlich den bedeckten Weg verlassen, so zieht sie sich in die Tambours der Waffenplätze und in die Blockhäuser zurück, von wo aus sie dem Feinde einen hartnäckigen und wirksamen Widerstand leisten kann. Die Traversen des bedeckten Weges werden dabei in die Luft gesprengt, und derselbe nun der Länge nach, von den leichten Geschützen des Hauptwalles und der Außenwerke, mit Kartätschen beschossen. Die ganze Besatzung der Festung ist während des feindlichen Angriffs auf den bedeckten Weg unter dem Gewehr, und besonders die Angriffsfront stark besetzt. Wird man endlich gezwungen, den bedeckten Weg zu verlassen, so geschieht dies unter dem Schutze der Tambours in der Kehle der Waffenplätze; die Blockhäuser werden in Brand gesteckt, und auf ein gegebenes Signal wird hierauf das heftigste Feuer von den Wällen auf den bedeckten Weg gemacht. Damit der Feind nicht sogleich nachdringt, wenn die letzte Mannschaft den Abschnitt des Waffenplatzes verlässt, kann man daselbst einige Bomben eingraben, und dieselben beim Abzug anzünden. Über einen trockenen Graben wird dann der Rückzug keine Schwierigkeit haben; ist der Graben nass, so müssen entweder niedrige Brücken da sein, welche sogleich abgebrochen werden können, oder platte Fahrzeuge, um die Mannschaft überzusetzen.

Ein Ausfall, von der Nebenseite der Angriffsfront, in dem Augenblick, wo der Feind den bedeckten Weg stürmen will, kann von großem Vorteil sein, wenn man ihm den gehörigen Nachdruck gibt. Geht der Feind mit der Sappe gegen den bedeckten Weg vor, so setzt man ihm mit dem Feuer von den Wällen zu, macht Ausfälle gegen seine Arbeiten, und wirft sie wieder zusammen.

b) Wenn der bedeckte Weg miniert oder besonders verstärkt ist. Hat die Festung ein System von Kontreminen, so kann der Belagerer nicht anders zu Werke gehen, als dieselben durch seine Minen zu Grunde zu richten; dies muss man daher zu verhindern suchen. Zuerst sucht man zu erfahren, wo der feindliche Mineur seine Galerien führt, und geht daher in die am weitesten ins Feld sich erstreckenden Horchgänge, wo man genau Acht gibt, of man etwas vom Feind entdecken könne. Hierzu bohrt man vermittelst eines Erdbohrers verschiedene tiefe Löcher in die Erde, und hält das Ohr an; oder man legt ein dünnes Blech auf die Erde, und das Ohr darauf; oder man legt Erbsen auf eine horizontal gestellte Trommel, welche dann durch einigen Laut, oder durchs Rollen, ebenfalls die Arbeit des Mineurs anzeigen. Hört man den feindlichen Mineur in der Nähe, so legt man einen Ofen an, und lässt ihn spielen; ist derselbe schon mit einem Rameau vorbei gegangen, so legt man eine Quetschmine an, wodurch der feindliche Minengang zusammengeworfen wird, und worauf man sich desselben sobald als möglich zu bemächtigen sucht. Hat der feindliche Mineur eine Druckkugel spielen lassen, und dadurch unsere Galerien auf einige Distanz zerstört, so geht man ihm gleich darauf wieder entgegen; man kann ihn nun um so leichter entdecken, indem er in dem Trichter beim weiteren Vorgehen von Neuem einen Minengang anfangen muss. Unterdessen man ihn nun dabei beobachtet, avanciert man bis an den Trichter, und lässt bei demselben Minen spielen, ruiniert seine Verschanzung daselbst, verschüttet seine Eingänge etc.

Während dieser Zeit führt man unter dem Glacis rechts und links Galerien, bis sie einander treffen, und geht von diesem aus mit Horchgängen weiter nach dem Felde vor; kommt man hierbei unter einen Punkt der feindlichen Werke, so sprengt man sie in die Luft; wenn es sonst tunlich ist, lässt man immer seine Minen bei Tagesanbruch spielen, um dem Feinde das Logement in dem Trichter leichter streitig machen zu können.

Wenn man den feindlichen Mineur in einer kleinen Entfernung neben sich hört, so kann man auch ein Loch in die scheidende Erdwand bohren, und durch dasselbe Stickkugeln in den feindlichen Minengang werfen, wodurch der Mineur daraus vertrieben wird; merkt man, dass der Feind gerade auf unseren Gang loskommt, so erwartet man ihn, bis er eine Öffnung in unseren Gang gemacht hat, und schießt oder sticht ihn dann nieder, und wirft Steinkugeln in die feindliche Galerie. Wäre der Feind so glücklich gewesen, ohne unser Wissen in unsere Galerien zu kommen, so muss man alles anwenden, um sich in dem Besitz der noch unbeschädigten Galerien zu behaupten.

Endlich wird es dem Feinde doch, ungeachtet aller ihm in den Weg gelegten Hindernisse gelingen, eine große Mine zu Stande zu bringen, und sich dadurch ein sicheres Logement auf dem Glacis zu verschaffen. Diese Mine verschüttet einen Teil unserer Galerien, und wir werden dadurch beinahe bloß auf die Hauptgalerie beschränkt; eine zweite Mine schränkt uns noch mehr ein, und man kann dann keine Mine mehr springen lassen, ohne selbst dem bedeckten Wege, und der Hauptgalerie den größten Schaden zuzufügen. In diesem Falle hört meistenteils die Minenverteidigung auf, und es bleibt nichts mehr übrig, als durch Ausfälle den Feind aus den Logements zu vertreiben, seine Minengänge zu verschütten, und durch hineingeworfene Dampf- und Stickkugeln unbrauchbar zu machen. Allenfalls könnte man noch versuchen, von den in den benachbarten Polygonen befindlichen Galerien aus, neue Minenäste zuführen, die unter die feindlichen Logements und Batterien vorzugehen, und dieselben in die Luft zu sprengen. Allein ein erfahrener und vorsichtiger Feind wird zu beiden Seiten seiner Batterien Horchgänge anlegen, und dies hintertreiben.

Wenn kein System von Kontreminen vorhanden ist, so kann man dergleichen auf der Angriffsfront noch während der Belagerung anlegen, indem man gleich nach eröffneter Tranchée von dem ausgehenden Winkel des bedeckten Weges mit einem Minengang dem Feinde entgegengeht, und aus demselben auf 50 bis 80 Fuß, links und rechts kleinere Rameaux führt. Auch kann man bloße Fladderminen anlegen, ohne weitere Minengänge zu führen, wodurch der Feind sicher gemacht wird, wenn er bei seinen Minenarbeiten auf keine dergleichen stößt. Diese Fladderminen werden da angelegt, wo die Breschebatterien und die Tranchéereiter hinkommen müssen, und ihre Feuerleitung bis durch die Kontreskarpe geführt. Desgleichen gräbt man unter die Traversen, und an anderen Orten des bedeckten Weges, etwa 4 Fuß tief, Kasten mit ungefähr 30 Pfund Pulver ein, und führt ihre Feuerleitungen bis in die Blockhäuser der Waffenplätze.

Wenn der bedeckte Weg nicht nur gehörig unterminiert ist, sondern auch kleine Brillen, Redouten etc. in den Waffenplätzen, so wie halbe Monde in den ausspringenden Winkeln des Glacis, ein nasser Vorgraben usw. vorhanden sind, so hält dies die Eroberung desselben ungemein auf. Die angeführten Werke in den Waffenplätzen verhindern einen gewaltsamen Angriff des bedeckten Weges, und die Tranchéereiter werden nichts dagegen ausrichten können; der Feind muss daher besondere Batterien auf dem Glacis anlegen, um die Brustwehren dieser Werke einzuschießen, oder sie durch Minen angreifen, welches man nach Möglichkeit zu verhindern sucht. Die halben Monde verhindern hier die Errichtung der Tranchéereiter, und der Feind muss sie erst durch Minen vernichten, wenn er sie nicht mit Sturm nehmen will oder kann. Ist ein nasser Vorgraben vor dem Glacis, dessen Wasser nicht abgezapft werden kann, so kostet der Übergang über denselben dem Belagerer Zeit und Menschen; bringt er wirklich ein Logement auf dem Glacis zu Stande, so ist er nicht in gehöriger Verbindung mit seinen Laufgräben, und man könnte seine über den Graben gemachten Dämme zu vernichten suchen. Auch die Faussebraye, deren Geschütze erst bei dem Angriffe auf den bedeckten Weg in Wirksamkeit kommen, leistet bei einer Verteidigung einen beträchtlichen Nutzen.

2) Der Hauptgraben. Wenn der Feind über den Hauptgraben gehen will, so muss er gewöhnlich erste einen Gang aus dem Logement in den Graben anlegen, wobei man ihn durch Bomben und Granaten an der Ausführung seines Vorhabens zu hindern sucht; bricht er endlich durch die Futtermauer der Kontreskarpe durch, so wird es ihm nicht eher möglich sein, hier weiter zu arbeiten, bis alle diesen Punkt bestreichenden Geschütze der Festung demontiert sind. Sind nun Abschnitte in der Kehle der angegriffenen Werke, so kann der Feind nicht hoffen, die Festung durch einen bloßen Sturm der Bresche zu nehmen; er muss erst ein neues Logement auf dem zu erobernden Werke selbst anlegen, um den Abschnitt zu demontieren, und sich daher eine sichere Kommunikation mit dem Logement auf den Glacis, über den Graben hin, durch einen bedeckten Gang verschaffen. In einem trockenen Graben wird dies der Feind durch die Sappe versuchen; man werfe daher unaufhörlich Bomben, Granaten, Steine und allerhand Ernstfeuer darauf, um sie wo möglich in Brand zu stecken. Gelingt dies, so lasse man das lebhafteste Artillerie- und Flintenfeuer gegen den Ort machen, wo das Feuer aufgegangen ist, um den Feind vom Löschen abzuhalten; die Spitze der Sappe wird unaufhörlich mit Kanonen beschossen; man macht ferner öfters kleine Ausfälle, welche beständig die feindlichen Arbeiter beunruhigen und vertreiben; Die Schanzkörbe werden dann mit langen Haken umgerissen, und die ganze Arbeit in Brand gesteckt; so wie sich die Leute wieder zurückziehen, fängt das, während des Ausfalls unterbrochene Schießen wieder an.

Da die feindlichen Batterien unmöglich alle Punkte des Grabens bestreichen können, so werfe man im Graben kleine Tranchéen auf, aus welchen man die feindlichen Arbeiter beständig beunruhigt; richtet der Feind nachher seine Geschütze dahin, so werden sie verlassen, und neue erbaut, welche wieder anfänglich dem feindlichen Feuer nicht ausgesetzt sind.

Befinden sich unter dem zu erobernden Werke Kontreminen, so wird der Belagerer sich bemühen, dieselben zu verderben, und man wendet alle oben genannten Mittel an, um ihn daran zu hindern.

In einem nassen Graben wird der Feind seinen Damm ebenfalls nicht eher zu Stande bringen können, bis er nicht die denselben bestreichenden Kanonen demontiert hat, und auch dann noch wird er durch unser beständiges Flintenfeuer sehr aufgehalten werden. Ist dieser Damm bereits teilweise zu Stande gebracht, so sucht man ihn in Brand zu stecken; man bringt ferner auf platte Fahrzeuge einige leichte Kanonen, und errichtet auf ihnen eine Brustwehr von Sandsäcken oder Wollsäcken gegen das Flintenfeuer; alsdann fährt man auf eine Stelle in dem Graben hin, wo die feindlichen Batterien nicht wirken können, man aber doch den Damm sehen kann, und beschießt den letzteren mit den Kanonen. Richtet der Feind sein Geschütz auf diese Fahrzeuge, so verlasse man den Ort, und begebe sich an einen anderen hin, bis endlich der Feind sein Batterien so geordnet hat, dass er alle Punkte des Grabens beschießen kann.

Die stärkste Verteidigung eines Wassergrabens findet statt, wenn man Schleusen in der Festung hat, wodurch man das Wasser nach Belieben ablassen und einlassen kann; dies sind die sogenannten Wassermanöver. Man lässt anfangs den Graben trocken, und nötigt den Feind, seinen Übergang wie gewöhnlich zu veranstalten; ist er endlich so glücklich bis an den Fuß der Bresche gekommen, so öffnet man die oberen Schleusen, und füllt den Graben mit Wasser, wodurch die feindlichen Arbeiten zu Grunde gerichtet werden. Der Feind muss sich nun wieder in sein Logement auf den Glacis zurückziehen, und einen Damm anlegen; während dieser Arbeit sucht man starke Strömungen zu erregen. Ist er endlich auch mit diesem Damm zu Stande gekommen, so lässt man unterhalb das Wasser ab, und öffnet oberhalb die Schleusen wieder, wodurch auf der einen Seite das Wasser immer mehr anschwillt, und dadurch wahrscheinlich der Damm durch den Druck, der auf der anderen Seite keinen Widerstand vom Wasser findet, gänzlich einstürzen wird. – Eine äußerst wichtige Verteidigung des Grabens geben die krenelierten Galerien und kasemattierten Batterien.

3) Die äußeren und Außenwerke. Um dieselben gut verteidigen zu können, müssen sie einen starken Abschnitt haben, dessen sich der Feind nicht ohne Kanonen bemächtigen kann; diese Abschnitte sind ganz unterminiert, um sie in in die Luft zu sprengen, wenn der Feind das Werk erobert hat, und um dasselbe hierauf vom Hauptwall aus beschießen zu können. In einem trockenen Graben muss man alle Anstalten treffen, dass das Werk nicht in der Kehle erstiegen werden könne; ist daher die Kehle mit einer Futtermauer bekleidet, so müsste der Feind sie mit Leitern ersteigen, und man trifft alle Anstalten dagegen, wie gegen den gewaltsamen Angriff; hat sie keine Bekleidungsmauer, so behandelt man die nach dem Graben gehende Böschung wie einen Erdwall, und verwahrt sie durch Sturmpfähle, spanische Reiter etc., um so mehr, da sie der Feind nicht wird beschießen können; dabei sorgt man für eine sichere und ununterbrochene Gemeinschaft mit dem Hauptwall.

Sind diese Werke mit Kontreminen versehen, so verfährt man nach den oben gegebenen Regeln, um den feindlichen Mineur abzuhalten; den Sturm der Bresche verteidigt man, wie es unter Verteidigung der Festung beim Hauptwall angegeben ist. Hat der Feind ein solches Werk endlich erobert, so wendet man alles an, ihn durch unser Feuer vom Hauptwall wieder daraus zu vertreiben, ja man sucht es selbst durch einen Sturm, wenn dieser möglich ist, ihm wieder abzunehmen.

Wenn ein Ravelin mit einer Faussebraye umgeben ist, so kann dieselbe leicht vom Feinde der Länge nach bestrichen werden; dies sucht man durch Bonettierungen und Traversen zu verhindern, welche letztere aber sämtlich unterminiert sind; je breiter der Absonderungsgraben ist, desto besser ist es. Die Kontregarde und übrigen Werke, welche zu wenig Raum haben, um einen Abschnitt anzulegen, müssen unterminiert sein, um dem Feinde so lange als möglich zu verwehren, dieselben in die Luft zu sprengen.

4) Der Hauptwall. Dieser ist entweder mit Kontreminen versehen, oder nicht; im letzteren Falle kann der Feind die Bresche durch seine Batterien allein zu Stande bringen, im ersteren Falle aber muss er erst durch seine Mineurs unsere Galerien verderben lassen. – Übrigens s. Verteidigung der Festung.

Verteidigung verschiedener Gegenstände, und unter verschiedenen Umständen, s. Anhöhe, Batterie, Brücke, Brückenschanze, Damm, Defilé, Dorf, Eskalade, Feldwache, Fluss, Fouragierung, Furt, Haus, Hinterhalt, Kantonierung, Kontreminen, Kirche, Kirchhof, Konvoi, Lager, Meeresküste, Minenkrieg, offenbarer Angriff, Offensive, Palisade, Pontonbrücke, Posten, postiertes Detachement, Schanze, Scheinangriff, Schloss, Stadt, Sturm, Überfall, Übergang, Verhau, Verschanzung, Vorposten, Wald, etc.

Quelle: Rumpf, H. F.: Allgemeine Real-Encyclopädie der gesammten Kriegskunst (Berl. 1827)

Glossar militärischer Begriffe